Archiv des Autors: Birgit Rydlewski

Rückblick 29c3

Vorab mal: Ich fand den Congress grundsätzlich gut. Der Ort ist toll, es ist viel Platz, die Orga diesbezüglich hat super funktioniert nach meiner Einschätzung. Der Umzug nach Hamburg ist also absolut gelungen.

Ich besuche seit einigen Jahren Veranstaltungen vom CCC. Die Sigint mehrfach. Den Congress ebenfalls. Ich bin keine Hackerin. Ich kann Computer einigermaßen sinnvoll einsetzen. Programmieren habe ich mal in sehr rudimentären Ansätzen begonnen und leider nicht fortgeführt. (Von den erzwungenen Versuchen mit Turbo Pascal in der Schule damals mal abgesehen.) Ansonsten beschäftige ich mich aber gerne mit den Auswirkungen von Technik auf Gesellschaft und bin im allgemeinen sehr gerne auf derlei Veranstaltungen. Die ersten Talks damals fand ich inspirierend, weil sie mir ermöglichten, gesellschaftliche Probleme aus einer anderen Sichtweise als sonst zu betrachten.

Es gab in all den Jahren immer mal Talks mit verletzenden Sprüchen, die man sicher als Sexismus überschreiben darf. Es gab auch am Rande immer wieder mal Diskussionen über Bilder von nackten Frauen. Ich hatte allerdings über Jahre den Eindruck, dass in der Community Problembewusstsein fehlte. Frauen sollten sich „halt nicht so anstellen“. Sowas tut durchaus weh, aber ich war damals überhaupt nicht in feministischen Kreisen unterwegs und habe, so traurig das ist, das Verhalten mancher Männer als normal abgetan. Als etwas, dem ich aus dem Weg gehe oder gegen das ich sowieso nicht ankomme.
Weiterhin würde ich mich unter den Bedingungen nicht trauen, einen Talk einzureichen. Ich bin nicht kleinlich. Ich habe SchülerInnen ab 15 Jahren aufwärts unterrichtet. Ich kann auch Sprüche ab. Der Hass, der einem aber im Internet entgegenschlägt, wenn man z.B. Sexismus thematisiert oder irgendwo Schwäche zeigt oder einen Missstand ansprechen möchte, der war mir neu.
Ich habe also viele Kongresse und Veranstaltungen relativ unauffällig verbracht…

Dieses Jahr hatten dann ein paar Menschen aus meinem Umfeld die Idee, die Creeper Move Cards (ursprünglich von einer amerikanischen Veranstaltung) auf dem Congress einzubringen. Das war nach meinem Kenntnisstand mit der Orga abgesprochen.

Vor einigen Wochen wollten wir das eigentlich dazu gehörige Awarenessteam bilden. Nach zunächst positiver Rückmeldung via Twitter wurden wir allerdings zurückgepfiffen, weil es bereits ein Awarenessteam gäbe. Ich war bei mehreren Veranstaltungen Teil eines solchen Teams und weiß, wie viel Arbeit das sein kann. Insofern muss ich mich da nicht unbedingt einbringen. Ich hatte aber nach mehreren Gesprächen hier leider auch den Eindruck, dass ein Einbringen nicht gewünscht war.

Bei der Open Mind, bei der ich sowohl im Orgateam, also auch im Awarenessteam war, hatten wir die Creeper Move Cards ebenfalls im Einsatz. Allerdings wurde dort direkt vor der Keynote und vor Beginn der eigentlichen Veranstaltung von uns darauf hingewiesen, wie wichtig uns eine entsprechend angenehme Atmosphäre ist und dass wir sexistische, rassistische etc. Übergriffe auf keinen Fall tolerieren werden. Wir haben in dem Zusammenhang auch die Karten erklärt, die wir auf jeden Sitzplatz verteilt hatten.
(Das habe ich auch alles beim Policy-Treffen erläutert.)

Den Einsatz der Karten finde ich grundsätzlich durchaus sinnvoll, wenn jemand, der sich belästigt, verletzt etc. fühlt, nicht mehr reden will, sondern eine Grenze setzen. Es gibt dann kein Recht auf Kommunikation. Ein „Nein-Ich will das nicht“ muss auch in Form einer nonverbalen Äußerung reichen. Ein Awarenessteam kann dann eventuell demjenigen, der eine Karte erhalten hat, weitere Kommunikation bieten. Diejenige oder derjenige, der eine Karte verteilt hat, muss das nicht. Eine Person, die sich belästigt fühlt, muss sich zunächst einmal nicht erklären. Und das ist bei den Karten gut.
(Die Koordination von Kartenteam und Awarenessteam war nun auf dem Congress nicht möglich. Aus unterschiedlichen Gründen. Was dann ein Scheitern der Karten fast unausweichlich gemacht hat.)

Die Anti-Harassement-Policy vom Congress ist eine gute Sache:

http://events.ccc.de/congress/2012/wiki/29C3_Anti-Harassment_Policy

Man muss eine solche Policy aber auch leben und da bin ich noch unsicher. Kann man das vorher austeilen? Bei der Auftaktveranstaltung ausdrücklich darauf hinweisen? Ankreuzen lassen bei der Kartenbestellung? An manchen Stellen empfinde ich das Konzept noch nicht als glaubwürdig genug.

Nehmen wir mal an, die Creeper Move Cards seien nicht relevant/wichtig/notwendig: Warum dann die Aufregung?
Wenn sie nicht relevant sind, warum muss man dann derart dagegen wettern? Warum fühlen sich Menschen dadurch provoziert?

Die Existenz der Karten haben eine Diskussion angeregt. Das ist doch toll. Oder nicht?

Gestört hat mich vor allem, wie die Diskussion geführt wurde. Da wurde nach meinem Empfinden an mehreren Stellen massiv Stimmung gegen FeministInnen gemacht.
In der Diskussion waren im Netz zum Beispiel viele sehr abwertende Begriffe. Feminazis etc. Das tut weh. Merkt ihr das nicht?

Ich verstehe auch nicht, was das mit Piraten zu tun haben soll. (Da haben einige Twitterer einen Zusammenhang hergestellt, der sich mir so gar nicht erschließt.)

Mich gestört hat ein zum Teil recht aggressives Verhalten. In Wortwahl. In Handlung. Vielleicht habe ich derart früher ™ als „normal“ in dieser Community gesehen, habe aber mittlerweile (tatsächlich in feministischen Kreisen) festgestellt, dass das nicht normal sein muss und dass es anders geht. Respektvoller.

Worum geht es also? Angst, dass FeministInnen die Community kaputt machen? (Früher ™ hat sich halt niemand über die Bilder von nackten Frauen ohne Kopf aufgeregt?)

Und was für mich auch unklar ist: Es darf doch Projekte geben von „außerhalb“. (Da finde ich die Formulierung aber schon unschön. Wer definiert denn bitte mit solcher Arroganz, wer drin und wer draußen ist?) Aber: Nur Projekte, die auch der Orga gefallen? Oder wie jetzt?

Mich persönlich etwas ausgelaugt haben letztendlich aber eher die gefühlt vielen privaten Konflikte um mich herum. Ich freue mich, wenn es allen (hoffentlich) wieder gut geht danach, fühle für mich selber aber, dass mich das viel Energie gekostet hat.

Noch eins zum Assembly: Es kam die Kritik, dass das Flauscheria-Assembly „verbarrikadiert“ wirkte. Die Aussage kann ich nachvollziehen. Es war wohl der Versuch, einen Rückzugsraum zu schaffen für Menschen, die dies benötigen. Wie kann man sowas besser in eine Veranstaltung integrieren? Oder sind solche Räume generell nicht erwünscht?

Nichtraucherschutzgesetz

André hat sich darüber ausgelassen, wie eigentlich Programm, Fraktion und eigene Meinung zusammenpassen oder auch nicht.

Den gesamten Text findet ihr hier:

http://t.co/ED3UO2mX

Konkret geht es darum, dass ich erwäge beim Nichtraucherschutzgesetz entgegen dem beschlossenen Positionspapier (http://t.co/0ayAaHOB) für das Gesetz zu stimmen.
Warum ich dafür bin, habe ich schon anderweitig begründet. Ich halte Nichtraucherschutz in dem Fall tatsächlich für wichtig. Ich stimme an anderen Stellen mit unseren Ideen zur Drogenpolitik überein. Ich sehe das individuelle Recht, Drogen zu verwenden. Das bedeutet aber nicht, dass jemand auch das Recht hat, andere/Dritte zu schädigen.

Nun muss so ein Nichtraucher halt nicht in eine Kneipe gehen. Es geht mir aber bei den Piraten um Teilhabe und ich sehe den derzeitigen Nichtraucherschutz aufgrund der diversen Ausnahmen als gescheitert an. Nichtraucher werden also von Veranstaltungen ausgeschlossen. Das finde ich nicht sinnvoll.

Weiterhin geht es um den Schutz der Arbeitnehmer. Ein Kneipenbesitzer kann für sich erscheinen, ob er sich dem aussetzen möchte. Eine Angestellte mitunter nicht, weil sie auf den Job und das Geld angewiesen ist.

Weiterhin sehe ich in dem Fall nicht einmal, dass es ein grober Verstoß gegen die Positionen der Piraten ist.

Wir haben uns klar gegen Fraktionszwang und imperatives Mandat ausgesprochen. Ich habe mich bisher immer an den beschlossenen Positionen orientiert. In dem konkreten Fall widerspreche ich aber dem Positionspapier.
Weiterhin ist die Sinnhaftigkeit des Positionspapiers anzuzweifeln. Ich bin nicht ganz sicher, meine mich aber zu erinnern, dass das Ding gegen Ende des Parteitages mit sehr wenig Beteiligung beschlossen wurde. In dieser Frage dürft ihr mich gerne korrigieren, aber ich meine, ich hätte da schon abgebaut.
Außerdem sehe ich einen Widerspruch zum Grundsatzprogramm der Bundespartei, welches sich ausdrücklich dafür ausspricht beim Konsum von Drogen Dritte/Nichtkonsumenten zu schützen.
(http://www.piratenpartei.de/politik/selbstbestimmtes-leben/drogen-und-suchtpolitik/index.html ) Ich teile nicht Andrés Auffassung, dass das allen bewusst war bei der Abstimmung. Und ich teile weiterhin nicht die Auffassung, dass das Positionspapier höherwertig ist. Eher das Gegenteil ist der Fall: Siehe auch: notwendige Mehrheiten.

André hat mir bis zu Rücktritt mehrere Sachen vorgeschlagen, wenn ich nicht bereit
wäre, die Positionen der Partei zu vertreten, zum Beispiel könnte ich ja den Saal bei der Abstimmung verlassen. Oder mich enthalten. Damit ich nicht gegen die abgestimmte Position der Basis handele.

Verdrücken als gangbarer Weg? Ich weiß nicht….
Als ihr mich gewählt habt, muss euch klar gewesen sein, dass ich als Marionette nicht so tauge….

Ich bin gut, wenn ich Inhalte mit Leidenschaft vertrete. Das ist bei fast allen Pirateninhalten der Fall. Es wird Ausnahmen davon geben. Deal with it.

Ich zitiere mal ein paar der DMs:

„Dann hast du schlicht vergessen wofür Du angetreten bist. Schade. Ich habe Dir mehr zugetraut als Dein eigenes Ego“

„Wie sollten wir Politik machen, wenn eh egal ist was wir beschliessen und nur zählt was Du willst… ? Wie soll das funktionieren ?“

„Du erhebst Dich über alle anderen Piraten. Das ist genau das was wir nie wollten.“

„Und: Du darfst es anders sehen.Und entsprechend dafür streiten.Aber Du bist angetreten um die Interessen der Piratenpartei NRW zu vertreten.“

„Solltest Du Deiner Verantwortung nicht gerecht werden können, könntest Du a) fernbleiben, Dich b) enthalten“

„Wenn Du das wofür Du gewählt wurdest gar nicht vertreten kannst, solltest Du zurücktreten. Dann bist Du die Falsche für die Aufgabe.“

Die Klotür

Und ich hatte mir so vorgenommen, dazu einfach nichts zu sagen…..

Der Versuch, Frieden zu finden:

Es geht um die Klotür der cbase. Da gibt es gerade Ärger. Ich versuche es mal ganz vorsichtig. Die Klotür des Damenklos innen hatte bis vor kurzem ein Motiv, was als problematisch angesehen werden kann. Es war eine junge Frau zu sehen, die mit den Händen ihre Brüste bedeckt. Der Gesichtsausdruck wirkte auf mich, als sei sie verängstigt. Ich kann nachvollziehen, dass Frauen dies so nicht auf ihrer Toilette haben wollen. Es kann gerade für Frauen, die mal Opfer übergriffigen Handelns waren, triggern.

Es ist schon viel darüber diskutiert worden. Der Tonfall ist recht hart zeitweilig in solchen Diskussionen. Warum eigentlich? Über eine Weile lag der cbase eine Beschwerde vor wegen des Motivs. Offensichtlich ist nichts passiert. Es kam dann am Wochenende der Spackeriade zu einer Veränderung der Tür durch Überkleben mit Alufolie. Letztendlich wurde die Tür dann mit einer magentafarbenen Folie überklebt. Es könnte also eigentlich Ruhe einkehren.

Tut es aber nicht. An allerlei Stellen des Netzes beschimpfen sich Menschen deshalb. Es geht um Sachbeschädigung, Sexismus etc. Also Vorwürfe aller Art auf allen Seiten. Da werden T-Shirts gedruckt usw. Irgendwie lässt sich ja jeder Streit noch prima eskalieren.

Gehen wir doch mal einen Schritt zurück. Ich wünsche mir eine Welt, in der Menschen erkennen, dass ihr Handeln, ihre Worte verletzend sein können. Ich wünsche mir eine Welt, in der Männer erkennen, dass es sexualisierte Gewalt gibt und dass diese bekämpft werden muss. Leider ist die Welt nicht so einfach und nicht immer so schön, wie wir sie uns naiv erträumen.

Ich habe mich immer wohl gefühlt in der cbase. Obwohl ich ein Alien bin (also nicht Mitglied). Ich würde sogar Mitglied werden wollen, obwohl ich nicht programmieren kann (das aber gerne mal lernen würde) und ich Menschen bewundere, die so einen Rechner auseinander nehmen können. Ich mag die meisten Menschen dort. Ich möchte dort in der Ecke sitzen dürfen und ein Blaubeerbier trinken.

Wir sind alle so verletzlich. Auf unterschiedlichste Art. Wir brauchen unsere Schutzräume, in denen wir uns geborgen und sicher fühlen. Das dürfen auch Hackspaces sein. Ihr Nerds wisst doch eigentlich, wie es ist, wenn man nicht so richtig in die Gesellschaft passt, oder?
Dann bitte: Geht ein wenig vorsichtig miteinander um. Mit Worten. Mit Taten. Selbst, wenn ihr nicht versteht, worum es geht bei dem Motiv an der Tür. Nehmt bitte zur Kenntnis, dass das verletzend sein kann.

Ich freue mich doch so auf den Kongress im Winter in Hamburg. Die Art, wie wir jetzt im Netz miteinander umgehen in dieser Diskussion bestimmt aber auch, wie wohl wir uns fühlen werden beim 29c3. Das heißt nicht, dass wir uns alle lieb haben. Aber es sollte im Mindesten heißen, dass wir uns alle respektieren und entsprechend miteinander umgehen.

Oh. Die Außenwirkung…

Rückblick Bochum, unsortiert.

Geschrieben wird viel derzeit über den Bundesparteitag vom Wochenende. Es geht um Programmanträge, um die „Ständige Mitgliederversammlung“, um Zeitreisen und um Anpassung.

(Oder: Was müssen wir tun, um in den Bundestag einziehen zu dürfen? Um gewählt zu werden?)

Die Ansichten darüber sind durchaus unterschiedlich. Da wird nach mehr Professionalisierung gerufen (dabei heraus kommt gelegentlich, aber zunehmend watteweiches Schöngerede).

Gefühlt gibt es zudem sowas wie eine Verstärkung von Hierarchien bei uns. Es gibt die Piraten, die alle kennen (nenne wir sie mal „Promipiraten“) und die Mandatsträger (manchmal kommt das dann zusammen) und die mit Funktionen (auch Orga Parteitag) und noch ein paar Gruppierungen plus die „Basis“.
Es gibt die, die gerne einfach nur mitmachen möchten. Es gibt die, die sich darin sonnen wollen, auch mal wichtig zu sein (und die man dann gerne im Pressebereich antrifft.)

Insgesamt führt das nach meiner Wahrnehmung auch zu mehr Unhöflichkeiten. Klar, war das alles einfacher, als wir eine kleine und recht unbedeutende Partei waren. Aber es ist auffällig, dass wir uns teilweise mittlerweile so verhalten wie die prominenten Mitglieder der „großen“ Parteien.

Mal konkret: Ganz am Anfang unserer Parlamentszeit in NRW stand vor dem Landtag das prominente Mitglied einer anderen Partei. Wir haben uns brav mit Namen vorgestellt. Er hat uns zwar die Hand gegeben, aber irgendwie vorausgesetzt, dass wir wissen, wer er ist, also nicht mehr seinen Namen genannt.

Das sehe ich vermehrt auch bei so einem Parteitag von uns. Da gibt mir ein „Promipirat“ die Hand im Vorbeigehen, macht etwas Small-Talk, stellt sich aber den zwei neben mir stehenden Menschen nicht vor und gibt diesen auch nicht die Hand. Schon muss er wieder weiter… Zum nächsten Pressetermin. Das finde ich unnötig und unhöflich.
Ich hoffe, dass das bei mir nicht so der Fall ist. Zur Verteidigung aller mag man aber vielleicht feststellen, dass manchmal auch sowas wie leicht soziophobe Züge bei Piraten nicht einmal so selten sein dürften. Ich habe manchmal auch meine Probleme mit großen Menschenmengen und entsprechende Fluchtreflexe.

Ich habe weiterhin die Befürchtung, dass wir uns zu sehr treiben lassen. Da geht es darum, ob die Bild wirklich über das Transparenzgesetz geschrieben hätte (wenn ich nicht getwittert hätte). Darum, was für ein Programm wir brauchen, um eine Chance zu haben. Wie viele detaillierte Aussagen zu Wirtschaft, Europa, Umwelt etc. man eigentlich wirklich braucht. Richtig problematisch wird es, wenn wir uns davon nicht nur treiben, sondern entzweien lassen. Hat in Ansätzen schon funktioniert.

Fangen wir mal von vorne an: Warum bin ich eigentlich bei den Piraten? Da war 2009 viel Frust bei mir über andere Parteien. Da ging es um Zensursula. Aber Mitglied geworden bin ich, weil ich ganz unkompliziert einfach mitmachen konnte. Ich habe am Bildungsprogramm mitgeschrieben. Da war ich noch gar nicht Mitglied. Und wir hatten Spaß. Wir haben an Infoständen gestanden und Spaß gehabt. Ohne viel finanziellen Hintergrund. Ich gehe immer noch davon aus, dass die Menschen uns deshalb wählen. Weil wir unsere Werte mit Leidenschaft gelebt haben. Fragt euch mal: Tun wir das noch?
Oder tun wir etwas, weil wir glauben, dass wir es so tun müssen?

Insofern fand ich den Antrag über Zeitreisen überhaupt nicht schlimm. Ja. Das kostet Geld auf so einem Parteitag, aber das hat auch aufgelockert und war lustig und gut für die Stimmung.

Ich habe beide Tage beim Awareness Team verbracht. Sonntag waren deutlich mehr Streitfälle zu schlichten. Der Grad an Aggressivität war gefühlt höher als Samstag. Das war alles lösbar, aber es zeigte m.E. so ein wenig die Grundstimmung.

Wenn ich darüber nachdenke, warum uns Menschen wählen könnten, lande ich oft bei den Keynotes von @zeitweise aus mehreren Jahren Open Mind.
Ich schätze, dass wir bisher zu wenig transportieren, was eigentlich die Idee hinter den Piraten ist. Das, was uns eint. Was ist also unsere Vision von Gesellschaft?

Für mich geht es um Teilhabe. Für Menschen innerhalb und außerhalb der Partei. Um Teilhabe an politischen Prozessen. Um Teilhabe in der Gesellschaft. Das kann man dann weiterspinnen: Es geht um Bildung. Um Verteilung von Einkommen. Um Struktur von politischen Prozessen. Um die Einbindung von Möglichkeiten des Internets. Um Raum für Diskussionen. Um Zugang zu Informationen und Kunst. Um Urheberrecht. Um Medien. Um Gestaltungsmöglichkeiten… (to be continued)

In diesem Sinne ist mir die Diskussion um eine mögliche „Ständige Mitgliederversammlung“ durchaus wichtiger als konkrete Programmdiskussionen. Weil es um ein Grundproblem von Beteiligung geht. Weil es um die Frage geht, ob wir überhaupt je basisdemokratisch waren. Weil wir dafür eine Lösung brauchen. Im Moment gestalten und entscheiden die Piraten, die Zeit und Geld haben. Es geht also um Eliten. Noch komplexer wird das Ganze, wenn wir nun auch noch die Nicht-Mitglieder einbinden wollen.

Zur SMV gibt es gute Diskussionsansätze. Hier zum Beispiel:
http://t.co/yqz5Dwq6

Oder hier eine alternative Idee:

http://www.sudelbuch.de/2012/lokale-programm-mvs-statt-smv

Oder von @tosopiratas heute auf dem Bahnhof die Idee, thematische Parteitage abzuhalten, also einen zu Bildung, einen zu Wirtschaft etc.
(Da wäre dann auch sehr schnell klar, ob da Müll geredet wird oder ob das Substanz hat, was der Redner vorne erzählt, weil zu vermuten wäre, dass alle Anwesenden auch Ahnung vom Thema haben.) Blöd wäre die Variante nur für die Freunde des Schaulaufens…. Die müssten dann halt zu allen Parteitagen.

(Und wir hätten gerne beheizbare Bänke in Bahnhöfen…. )

Zurück zur Sache:

Niemand hat gesagt, dass es leicht werden wird (aus der Reihe: „Phrasen für Anfänger“)

Und nun könnt ihr euch noch ein schönes Zitat googeln, was sich mit dem Wort „Mut“ beschäftigt und es mir als Abschluss vorschlagen. (Oder als Einleitung…)

Sitzung Steuerungsgruppe 15.11.

Sitzung der Steuerungsgruppe „Landesaktionsplan zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen in NRW“

An der Sitzung der Steuerungsgruppe im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter habe ich heute zum zweiten Mal teilgenommen. Beim letzten Mal ging es um einen Rückblick auf 10 Jahre Gewaltschutzgesetz.

Heute ging es um die Frage, wie man unterschiedliche Zielgruppen besser inkludieren kann bezüglich Schutz, Hilfe und bei Unterstützungsangeboten.
Hierbei wurden speziell folgende Zielgruppen analysiert:

Frauen in der Pflege
MediennutzerInnen
Transsexuelle Mädchen und Frauen
Frauen ohne Papiere
Frauen in Wohnungsnotlagen
Frauen in Haft
Frauen und Mädchen mit Behinderungen
(Insbesondere taubblinde, gehörlose und Frauen mit Lernbehinderung)
Lesbische Frauen/Mädchen
Frauen mit höheren Bildungsabschlüssen

Es gab mehrere kurze Inputvorträge zu verschiedenen Zielgruppen.
Danach folgte eine Gruppenarbeit, in der wir für alle Zielgruppen Best Practise Beispiele gesammelt sowie Möglichkeiten und Grenzen der Weiterarbeit gesucht haben.

Der erste Inputvortrag beschäftigte sich mit lesbischen Frauen:
Die Vertreterin des Beratungsnetzwerks für LSBT* bei Diskriminierung und Gewalt erläuterte, dass 80 Prozent der lesbischen Frauen eine Form von Diskriminierung und Gewalt aufgrund ihrer sexuellen Identität erlebt hätten. Jede 4. bis 5. Frau sei Opfer von Gewalt in der Partnerschaft. Das Dunkelfeld sei hoch (Polizei erhebt die Daten nicht).

Lesbische Frauen wenden sich überwiegend an ihre Community oder Vereinigungen, die deren individuellen Bedürfnisse verstehen.
Problem dabei auch: Tabuisierung der Thematik, dass Frauen Täterinnen sein können.
Weiterhin wird gelegentlich bagatellisiert, weil viele lesbische Frauen Diskriminierung als Teil des Lebens akzeptiert hätten.

Beim zweiten Kurzvortrag ging es um Mädchen/Frauen mit Behinderung. Sie seien oft Opfer von Mehrfachdiskriminierung. Ausgrenzung und Bevormundung ist ein Teil des Bereichs. Das Risiko, Opfer von sexualisierter oder struktureller Gewalt zu werden, sei besonders hoch in dieser Gruppe. Abhängigkeiten spielen ebenfalls eine Rolle.
Täter: Pflegepersonal, Verwandte, andere Behinderte, Personen aus dem beruflichen Umfeld
Problematisch: In Prozessen kann passieren, dass sie als weniger glaubwürdig eingeschätzt würden.
Es gebe fünf spezialisierte Beratungsstellen, Gelsenkirchen wird hierbei explizit genannt.
Nicht überall gebe es inklusive Flyer in einfacher Sprache, behindertengerechter Sprache etc.

Im dritten Kurzvortrag ging es um bildungsnahe Schichten.
Häusliche Gewalt gibt es quer durch alle Schichten, jedoch seien in der Gruppe ab 45 Jahren Frauen mit höchsten Bildungsressourcen signifikant höher betroffen (27 Prozent) im Vergleich zu 15-17 Prozent bei Frauen mit geringer Schul-und Berufsausbildung.
Dies gehe zurück, wenn Frauen weniger als der Mann verdienen oder in der Bildung/im Job tiefer stehen als der Mann.

Gerade in dieser Gruppe erhalten Frauen in der Gesellschaft unter Umständen wenig Verständnis. Es käme die Angst vor sozialem Abstieg und die Angst vor Skandalisierung hinzu sowie die Angst, nicht glaubwürdig zu sein gegen einen angesehenen Mann.

Für alle genannten Zielgruppen gibt es derzeit zu wenig spezielle Angebote.

Eine Vision für eine Infrastruktur der Zukunft und erste Schritte dahin sollen in der nächsten Sitzung im Januar identifiziert werden.
Dabei wird es um Standards gehen, um Kollaboration, Vernetzung etc. gehend und darum, wie man zeitgemäße Angebote schaffen kann (z.B. adressatengerechte Flyer, Öffentlichkeitsarbeit, Verstärkung anonymer Angebote etc.)

Besuch einer Justizvollzugsanstalt

Besuch in der JVA Willich 2

https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/justizimwww/justizvollzug/willich2/index.php

Gestern also war mein Termin in der oben genannten Justizvollzugsanstalt. Ich wollte mich schon länger mit den pädagogischen Konzepten in unseren JVAs beschäftigen. Man kann da aber in NRW nicht einfach hingehen, auch nicht als Abgeordnete. Das Justizministerium möchte das erst genehmigen. Also schreibt man zig Mails hin und her, bis das dann klappt.
(Ergänzend hier, dass die Kontakte mit der JVA selber total angenehm waren.)
Ich weiß nicht, ob es tatsächlich so wäre, dass man abgewiesen würde, wenn man mal unangekündigt vor so einer Institution stehen würde. Ich wollte das nicht gleich ausprobieren.

Als Referendarin hatte ich mal mit einem Lehrer zu tun, der für eine Zeit in einer JVA unterrichtet hat.

Seitdem habe ich zwar immer mal darüber nachgedacht, wie das wohl sein mag, mich aber nie konkret damit beschäftigt.

Am Einlass muss man das Handy/Smartphones etc. abgeben. Das iPad lassen sie mir, obwohl da auch eine SIM-Karte drin ist.

Inhaftierte dürfen lt. Gesetz derzeit zwei Mal im Monat Besuch empfangen. Im Frauenhaus ist dies über die gesetzliche Regelung hinaus auf vier Mal im Monat ausgedehnt worden, weil der Kontakt mit der Familie als förderlich und hilfreich angesehen wird.

Das recht neue Frauenhaus (aus dem Jahr 2009) wirkt hell und freundlich. Wirklich nicht so, wie ich mir so einen Knast vorgestellt habe. Wobei mein Fotografinnen-Herz an dem alten Haus auch Freude hätte. Eine Fotoreihe von dem langsam verfallenden Gebäude, bevor es abgerissen wird, wäre sicher ein Vergnügen. Ich weiß nicht, ob man dafür eine Genehmigung bekommen kann.

In der JVA Willich 2 sind derzeit ca. 190 Inhaftierte gesamt, davon ca. 22, die die Schule besuchen.
Alter ca. 25 bis 55
Es ist möglich, hier den Abschluss der Hauptschule oder den mittleren Schulabschluss zu erwerben.
Die meisten Teilnehmerinnen der Kurse schaffen den Schulabschluss (95 Prozent).

Die Prüfungsvorschläge sind zur Bezirksregierung einzureichen (wie durchaus auch an normalen Schulen üblich.
Das Niveau ist vergleichbar mit Kursen der Volkshochschule.

Außerdem wird Deutsch als Fremdsprache im Freizeitbereich angeboten, also abends. An dem Kurs können max 20 Frauen teilnehmen.

Das Abitur oder Fachabitur kann in Köln erworben werden (Inhaftierte können dann dorthin wechseln). Schülerinnen, die weiter zu einer anderen Schule gehen, kommen im allgemeinen gut klar. Sonst gibt es wenig Vergleich mit anderen Schulen, was auch Vorteile haben kann, zum Beispiel weniger Leistungsdruck.
Nachmittags können Schülerinnen die LehrerInnen kontaktieren. Es ist immer mindestens ein/e AnsprechpartnerIn im Flur. Die LehrerInnen haben ausdrücklich auch großes Interesse, den Frauen die Angst vor Schule nehmen. Viele haben von früher schlechte Erfahrungen mit Schule. Der Anteil an Frauen ohne Schul- oder Berufsabschluss ist sehr hoch. Die Lehrer haben normal 30 Tage Urlaub. Dadurch, dass die für andere Schulen geltenden Ferienzeiten wegfallen, bleibt mehr Freiraum fürs Lernen, was ebenfalls den Druck beim Lernen für die Frauen verringert.

Natürlich kann die Arbeit dort auch schwierig sein für die LehrerInnen: Hintergründe zum Beispiel:. Nicht alle TäterInnen sind auch Opfer, aber immer mal wird man natürlich mit belastenden Hintergründen konfrontiert. Als LehrerIn ist man auch recht nach dran an den Frauen und deren Geschichten.

Interessant ist auch der Hinweis einer Lehrerin, dass Frauen aus anderen Gründen straffällig werden als Männer. Darüber muss ich mich unbedingt noch weiter informieren. Frauen werden immer wieder auch aufgrund von Abhängigkeiten straffällig.
Ansonsten ist aber auch der Anteil an Straftaten aus dem Bereich des Betäubungsmittelgesetzes und damit verbundener Beschaffungskriminalität recht hoch: 70 Prozent.

Insgesamt ist sehr viel Begeisterung von allen LehrerInnen zu spüren. Alle scheinen sehr viel Freude an der Arbeit zu haben und berichten mit viel spürbarem Herzblut davon und auch von den Frauen, mit denen sie zu tun haben.

Für mich gewöhnungsbedürftig wäre die Tatsache, dass es in JVAs kein Internet gibt für die Inhaftierten.

Theoretisch gibt es wohl eine Plattform für das Lernen in JVAs, welche von der Universität Berlin entwickelt wurde. Fast alle Bundesländer setzen diese ein, nur NRW und Bayern nicht.

Wenn man Bildung will, gehört das Internet für mich ganz selbstverständlich dazu. Insofern müssen wir uns mit der Zukunft der Bildung im Strafvollzug beschäftigen.
Wenigstens den Einsatz der Plattform halte ich auch für NRW für erstrebenswert. Das wird dann wohl ein Antrag von mir für den Landtag.

Hier die Plattform:

http://www.ibi.tu-berlin.de/projekte/elis_plattf/elis_plattf.htm

Neben der Schule gibt es diverse Arbeitsmöglichkeiten in unterschiedlichen Werkstätten für die inhaftierten Frauen. Dabei: eine Näherei, Montagehallen, eine großartige Halle für Holzarbeiten (wo z.B sehr schöner Schmuck oder Dekoobjekte hergestellt werden, die man hoffentlich bald über den „Knastladen“ auch online erwerben kann) und den Garten- und Landschaftsbau, der auch das Außengelände betreut.

Ich schätze, dass viele LehrerInnen, PsychologInnen, SozialpädagoInnen etc. eine JVA gar nicht als attraktiven Arbeitsort vor Augen haben. Ich hatte aber aufgrund der Zeit und der Gespräche dort den Eindruck, dass die Arbeit in einer JVA auch sehr spannend und erfüllend sein kann. Zum Vergleich wäre es aber sicher sinnvoll, sich eine weitere JVA anzusehen.

Zum Schluss noch eine Literaturempfehlung zum Thema von einer der LehrerInnen vor Ort:
Knast. Joe Bausch
Das lese ich als nächstes.

Die Schere im Kopf

Vorwort: Danke an die Freunde, die den Text vorab gelesen haben. Ich habe mich nicht mehr getraut, ihn einfach zu veröffentlichen. Da ist irgendetwas kaputt gegangen…

Mal wieder haben Tweets von mir für mediale Aufregung gesorgt. Davon war ein Tweet ein Zitat einer Aussage von jemandem. (In der Presse wird es direkt mir in den Mund gelegt.) Vorher hatte ich es in einem anderen Tweet gewagt -nach 14 Stunden Sitzung- auf Twitter in einem kommentierten Retweet (also der Aussage von jemand anderem) zu äußern, ich sei müde. „Langweile“ kam als Ausdruck nie vor.

Monika Pieper hat dazu schon Stellung bezogen: http://monika-pieper.de/2012/11/674/

Wichtig dabei auch der Kommentar der Fraktionskollegin Simone Brand, die verdeutlicht, dass durch meine „unbedachte Äußerung“ die großen Zeitungen jetzt nicht, wie ursprünglich geplant, über das Transparenzgesetz geschrieben haben, sondern lieber den angeblichen Skandal aufwärmten. An der Stelle ist halt irgendwie Schluss damit, dass man einfach schreiben darf, was man will. Oder? (Ich füge mal den Gedanken ein, dass mein Glaube an Zusagen der großen Zeitung mit vier Buchstaben eher gering ist.)
Im Ältestenrat des Landtages wird mein Twitterverhalten wohl auch noch thematisiert werden.

Was nun?

Es gibt jetzt diverse Alternativen (vermutlich mehr, als mir auf Anhieb gerade einfallen):

Die ganz Eiligen erwarten sofortigen Rücktritt von mir. Schließlich hätte ich der Arbeit der Fraktion geschadet und überhaupt wollen wir ja in diesen Bundestag.

Dann ist es natürlich möglich, dass ich jetzt weitgehend nichts Privates mehr schreibe. Schließlich sind wir in der Fraktion nun Politiker und da müssen wir uns an die Regeln halten. Das heißt im Klartext: Ich muss jeden Tweet darauf überprüfen, ob er noch den Normen entspricht, die an Politiker im allgemeinen so angelegt werden. Das klingt einfach, ist es aber in der Realität gar nicht. Ist ein Retweet noch ok oder wird das dann wieder mir in den Mund gelegt? Was genau entspricht den gesellschaftlichen Normen? Interessant dabei natürlich, dass viele Neufollower mir gerade aus Sensationsgier folgen. Viele springen auch schnell wieder ab, wenn es dann auf einmal um Bildungspolitik geht. Das Gefühl von Doppelmoral an diversen Stellen kommt durchaus auch mal auf.

Theoretisch wäre natürlich auch möglich, dass ich einfach weitermache wie bisher.

Ich weiß ehrlich gestanden nicht genau, wofür uns Menschen gewählt haben. Wofür wählen Protestwähler, wofür wählen uns Stammwähler, wofür wählen uns Menschen, die vorher nicht gewählt haben? Inhalte einzubringen in Parlamente, halte ich absolut für wichtig. Und. Überraschung: Das tun wir auch! Moni schreibt, dass man uns aber nur ernst nimmt, wenn wir die Regeln befolgen. (Mich gruselt es schon ein wenig, wenn im Parlament darüber Worte verloren werden, dass mein Fraktionskollege Hans-Jörg Rohwedder bei seiner Rede versehentlich vergessen hat, das Jackett anzuziehen. Aber auch das gehört halt zu diesen Regeln und der Sache mit der Würde des Hauses. Etwas traurig übrigens an der Stelle, dass gerade viele von den Grünen da geklatscht haben.)
Haben die Menschen uns denn wirklich dafür gewählt, möglichst schnell zu werden wie die anderen Politiker?

Gunter Dueck hat letztens zu mir gesagt, dass wir nicht gleichzeitig Inhalt und Form ändern könnten. Vielleicht hat er Recht.

Aber da bleibt ein wenig ein ungutes Gefühl…

Ich habe faktisch nichts Schlimmes getan. Ich habe niemanden betrogen, nicht gelogen, mich nicht bereichert etc. Es gibt Werte, die ich nicht verkaufen will…
Gehört dazu auch, sich nicht zu verbiegen?

(An der Stelle übrigens mein großer Respekt vor Frau Milz, die das irgendwie durchzieht in diesem Parlament….in der CDU.)

Man bekommt Burn-Out, wenn man seine Werte nicht leben kann….

Es bleiben viele Fragen für mich… (Vielleicht können wir ein paar davon beim Treffen der Spackeria diskutieren):

Wären die Äußerungen bei einem Mann ein Problem gewesen?

Welche Art Politiker wollen Bürger eigentlich? (Einer hat mir auf Twitter vorgeworfen, dass ich dort antworte…. Ich solle lieber arbeiten…. Gehört Kommunikation nicht auch zur Arbeit eines Politikers?)

Welche Vorstellungen haben Menschen von der Arbeit eines Politikers?

(Natürlich ist es einfacher, sich nicht gleichzeitig auch noch mit der Überwindung gesellschaftlicher Normen zu beschäftigen. Ecken, Kanten machen angreifbar. Offen twittern macht angreifbar. Muss man sich nicht unbedingt antun. Ist halt auch sehr anstrengend….aber wie sinnvoll ist es, jetzt anders zu twittern als vor der Wahl?)

Welche Rollenerwartungen werden an Politiker gestellt? (Und welche davon wollen wir auch wirklich erfüllen?)

Wie viel Macht haben Medien? (Und wie sehr lassen wir uns davon beeinflussen in unserem Handeln?)

Und etwas spezieller: Was wollen Wähler von den Piraten?

Besuch des Erich-Gutenberg-Berufskollegs

„Sie müssen ungehorsamer sein…“ (Zitat des Schulleiters während der Veranstaltung.)

Bereits im Februar diesen Jahres hatte ich bei einer Veranstaltung zum Thema Inklusion in Dortmund einige Lehrer und die Schulleitung (Herrn Wolfgang Berkemeier und Frau Afra Gongoll) des Erich-Gutenberg-Berufskollegs/Bünde (http://www.egb-buende.de/egb/) kennen gelernt, weil diese dort ihr Schulkonzept vorgestellt hatten. Es entstand schnell Einigkeit darüber, dass wir mit ein paar Kollegen unserer Schule nach den Sommerferien die Gelegenheit nutzen wollen, die Schule vor Ort zu besuchen, um uns die Möglichkeiten des Konzeptes erläutern zu lassen und dieses auch in der praktischen Umsetzung zu sehen. Beeindruckt hatte mich bei der Veranstaltung im Februar schon, dass alle LehrerInnen mit so viel Begeisterung von dem neuen Konzept redeten und mit eben dieser Begeisterung von den Entwicklungen, die dadurch bei den Schülern möglich waren sowie den entstandenen Entlastungen bei der täglichen Arbeit.

Dazwischen kam dann im Mai die Landtagswahl, aber da mich innovative Konzepte natürlich immer noch interessieren in meiner politischen Arbeit, habe ich mich der Besuchsgruppe meiner Schule für den 31.10. angeschlossen.

Wenn man in so eine Schule hineinkommt, hat man ja gleich einen ersten Eindruck der Atmosphäre. Die SchülerInnen wirken entspannt und offen. Direkt im Foyer befinden sich unterschiedliche Sitzgelegenheiten (neben den herkömmlichen Stühlen und Tischen auch was Bequemeres). Dort stehen auch zwei PCs mit Zugriff auf den Vertretungsplan sowie die Stundenpläne via Untis. (In meiner Schule gibt es diesen Komplettplan nur im Lehrerzimmer auf dem Rechner.) Und man findet dort das Bistro mit einem recht breiten und bezahlbaren Angebot an Essen und Getränken.

Angenehm ist auch, dass sich im Foyer nicht nur SchülerInnen befinden, sondern auch LehrerInnen an Stehtischen im Gespräch in der Pause. Es wirkt dadurch nicht so getrennt wie in anderen Schulen. Weiterhin findet man in diesem Gemeinschaftsbereich die Ergebnisse eines Kurses „Kommunikationsmedien“ zum Thema „Menschenbilder“: „Mir ist die Zeit verloren gegangen. Nur ein Gesicht auf einem Bild erinnert mich an meine Existenz.“ Eine wirklich gelungene Fotoausstellung eines Kurses der Höheren Handelsschule.

Als nächstes sind in Schulen die Toiletten spannend, finde ich. Ich habe es schon damals, als ich mich am Richard-von-Weizsäcker-Berufskolleg beworben habe, so gemacht, dass ich die Schülertoiletten als erstes aufgesucht habe. An den Schülertoiletten kann man sehen, wie gut eine Schule funktioniert. Diese hier am EGB wirken sauber und angenehm. Genug Papier vorhanden. Plus natürlich die obligatorischen Spender für Desinfektionsmittel. Insgesamt findet sich in der Schule überhaupt wenig herumliegender Müll.

Die dann eigentliche Veranstaltung beginnt mit einer Einführung des Schulleiters und der stellvertretenden Schulleiterin.

Herr Berkemeier ist mir sofort sympathisch. Er betont, dass Lernen ein ganz individueller Prozess sei. Er kritisiert das übliche Schulsystem, dass SchülerInnen immer noch nach alten Vorstellungen vorgefertigte Häppchen lernen müssten und dass vor allem Defizite abgeprüft würden. Das EGB hat bereits seit vielen Jahren (seit 1998) ein neues Konzept getestet und weiterentwickelt (damals politisch unter Frau Behler und mit Beteiligung von Herrn Mohn (Bertelsmann) Das Projekt damals hieß: Schule & Co mit Begleitung durch Experten). Die Schulen des Bezirkes Herford hätten dann aufgrund von Experimenttierklauseln neue Möglichkeiten erhalten und diese Schule habe die Möglichkeiten ergriffen. Es wird schnell deutlich: Für wirklich individuelles Lernen muss man eine ganze Schule umkrempeln.

Daten der Schule: 73 Lehrerinnen und Lehrer (60 Prozent weiblich)
Durchschnittsalter: 46 Jahre

1600 Schülerinnen und Schüler mit großem Anteil Berusschule

Entwicklung der Schule
Einstiegsprojekt: Schule & Co.
Unterrichstentwicklung erst, wenn nicht nur einzelne LehrerInnen, sondern der gesamte Bildungsgang, besser: die gesamte Schule umgestellt wird auf ein neues Konzept
Weiterbildung der LehrerInnen über zwei Jahre!

Wichtig auch: Stakeholderanalyse bei Einführung eines neuen Konzeptes: In Berufskollegs unter anderem neben dem Schulträger auch die IHK, die Verbände, die Arbeitgeber etc.

Inklusion führt dazu, dass verschiedene Schulen gemeinsame Klassen einrichten. Es braucht aber einen Wandel im Denken!

Aufgrund verschiedener politischer Veränderungen wurden aber Projekte leider auch wieder aufgegeben. 2002 gab es dann die Möglichkeit der „Selbstständigen Schule“. Das EGB hat dann am Beispiel von Klippert gearbeitet, aber dies sei kein qualitativer Ansatz. Die Entwicklung sei zum Stillstand gekommen, als die gesamte Schule sozusagen alle 100 Methoden von Klippert konnte. Evaluation zeigte, dass die Methodenvielfalt zwar gut war, aber das noch nicht reichte. Dr. Herold habe dann als Referent den Umbruch zum selbst organisierten Lernen gebracht, auch auf der Basis neurowissenschaftlicher Erkenntnisse.

Lehrer haben vorgefertigte Häppchen, die nur zu sehr wenigen Schülern passen. Viele Schüler sind unterfordert, viele überfordert. Es erfolgt in Schulen viel zu wenig wirklich individuelles Lernen!

Möglichkeit: Lernfeldorientierung -> didaktische Lehrplan -> Teamentwicklung -> Kommunikationstraining, Methodentraining
Dies zwingt LehrerInnen dazu, über Unterricht zu sprechen, über Inhalte, über Zeitabläufe.
Schwierig für LehrerInnen: Sich zu outen: Wie sieht mein Unterricht aus? Da sind bei LehrerInnen sehr viele Ängste, die abgebaut werden müssen.

Unterricht als Kernziel, aber man bekommt es nur hin, wenn man gleichzeitig Personalentwicklung und Organisationsentwicklung bearbeitet.
Die LehrerInnen tragen sich in dieser Schule selbst ein für den Stundenplan fürs nächste Jahr. „Die Chemie in einem Team muss stimmen.“ Wichtig: Gemeinsame Teamstunde im Plan, unbezahlt, aber im Stundenplan geblockt, Raum ist vorhanden, Mittel sind vorhanden.
Weiter: Kollegiale Hospitation bei gemeinsamer Planung einer Lernsituation.
(Schulleiter fragt nur, ob Team das gemacht hat.)
Plus Zielgespräche mit Schulleiter (jeder Kollege hat eine halbe Stunde pro Schuljahr Zeit, zu verdeutlichen, was ihm/ihr wichtig ist (auch Ressourcen, Fortbildungen, finanzielle Mittel) für das laufende Schuljahr) Hierbei geht es auch um Wertschätzung.
Dazu gehört auch Coaching/Mentoring (was eigentlich selbstverständlich sein sollte in Schulen, aber faktisch kaum vorkommt.) Dies wird auch bei neuen Kollegen und Referendaren so gemacht. Am Anfang vor allem Teamteaching.

Die Schulhierarchie wird hier nicht als typisches Tableau dargestellt, sondern als System eines Wabenorganigramms (dahinter die Idee, möglichst mit flacher Hierarchie zu arbeiten und stattdessen Kommunikationssysteme abzubilden)

Zu Schulentwicklung gehört auch ein hoher Grad an interner Evalutation (einmal pro Jahr. Vier/fünf Kriterien (z.B. Kritikfähigkeit). SchülerInnen bepunkten den Lehrer/die Lehrerin. Die Ergebnisse werden von SchülerInnen ausgezählt und das Ergebnis muss diskutiert werden mit den SchülerInnen.)
Dann gibt es noch die externe Evaluation (dabei hat die Schule auch diverse Preise abgeräumt). Weiterentwicklung mit externen Experten, zum Beispiel der Uni Heidelberg, der Uni Bielefeld (Gesundheitsmanagement am BK) -> dabei auffällig: Gemessener Cortisolgehalt der LehrerInnen am höchsten in der Pause!

Qualität einer Schule könne man nicht am fachwissenschaftlichen Aspekt festmachen, sondern daran, dass SchülerInnen vielfältige, zukünftige Situationen bewältigen können. (Lernen lernen)

Neues Projekt der Weiterentwicklung mit der Uni Paderborn bezüglich Inklusion, Veränderung der Lehrerrolle (zwischen den SchülerInnen, nicht mehr vorne) etc. geplant.

„Wenn der Geist einer Schule so ausgerichtet ist, braucht man auch nicht zu tricksen.“ (bei Qualitätsanalysen von extern)

Selbst organisiertes Lernen (vorgestellt durch die stellvertretende Schulleiterin Frau Gongoll):

Zunächst nur ein paar Wochen (was nicht gut geklappt hat). Jetzt gesamte Schule, gesamter Unterricht so ausgelegt.

Ziel bei SOL: SchülerInnen übernehmen Verantwortung für ihr Lernen selbst!
Es funktioniert also nicht im Wechsel mit traditionellem Unterricht, sondern nur flächendeckend. Ein Team des Bildungsganges zum Berufsgrundschuljahr hat begonnen, das System für die Schule zu entwickeln. Beginn also mit LehrerInnen, die Spaß an der Entwicklung haben. (Problem bei Innovation: Beharrungskräfte, Komfortzonen, in die man gerne zurück will zu Beginn, Drittelung des Kollegiums (1/3 vorne weg, 1/3 unentschlossen, 1/3 dagegen) -> Aufgabe der erweiterten Schulleitung! Das Problem sind die Lehrer, weil sie einen Vergleich haben mit dem alten System und weil sie sich darin eingerichtet haben. Zudem kommen diverse Ängste dazu (Angst vor Kontrollverlust, Angst davor, alles an Prozessen offen zu legen, Probleme als Teamplayer etc.) LehrerInnen müssen dabei lernen, loszulassen. Zulassen können, dass ein Schüler/eine Schülerin auch mal eine Woche auf dem Sofa sitzen und nichts tun. Weiterhin: Angst vor dem Verlust der Selbstwirksamkeit.

Problem: SchülerInnen kommen mit 10 Jahren Schulerfahrung und haben gerade im Berufsgrundschuljahr nicht notwendigerweise eine positive Einstellung zu Schule.
Trotzdem: kein sanfter Einstieg, sondern bei der Anmeldung die Verantwortung der SchülerInnen thematisieren: Was stellen Sie sich vor? Was möchten Sie dafür tun?

Im BGJ: ähnliche, wiederkehrende Lernstrukturen innerhalb derer sich die SchülerInnen sehr selbstständig organisieren müssen. Immer vier Fächer zusammen. Der Mehrwert muss für die SchülerInnen klar sein! Beispiel: Advanced Organizer „Ich bin Kunde bei…“ Daran aufgehängt: Rechts- und Geschäftsfähigkeit etc.
SchülerInnen bearbeiten die Themen in ihrem eigenen Tempo. Hilfe dabei jederzeit möglich. Gruppen sind möglich, alleine lernen ist möglich. Damit das klappt, braucht es Supportsysteme: Zielpläne, Kann-Listen (beschreibt die Kompetenzen, die man am Ende der Woche erworben haben kann=Transparenz bei den Inhalten!), Punktekonten, Lerntagebücher, Feedback
An den Supportsystemen hängt es!
„Am Anfang ist immer SOL Schuld, wenn etwas nicht klappt..“
(Weil alle kleinen Probleme, die man sonst so in seinem Unterricht hat, auf einmal und für alle offen liegen…)

„Wenn SOL dann aber etabliert ist, führt es dazu, dass die gesamte Lernatmosphäre sich verändert.“
Es bedeutet aber auch, dass Lernmaterialien jede Woche überprüft werden an den individuellen Bedürfnissen der SchülerInnen.

Das erste Jahr funktionierte super mit VorzeigeschülerInnen. Im zweiten Jahr war dann der Anteil der SchülerInnen von Förderschulen sehr noch und das ganze Konzept war auf dem Prüfstand. Es brauchte weitere Zusatzsysteme, z.B. Bilanzgespräche mit dem Schulleitungsteam, freitags nachmittags, teilweise mit Eltern. Ganz wichtig dabei: Wertschätzung vermitteln, gerade bei SchülerInnen mit negativen Schulerfahrungen.

Problem: Differenziert Lernen, aber dann eine Klassenarbeit für alle gleich?
(Noch nicht komplett gelöst. Eigentlich müsste der Schüler/die Schülerin selber entscheiden, wann er welche Kompetenzen vorweist. Das lässt sich noch nicht organisieren.) Derzeit: Schüler und Schülerinnen mit Note „5“ oder „6“ dürfen die Klausuren mehrfach schreiben. Beim zweiten Versuch verfällt die erste Note, wenn gewünscht, danach wird ein Duschnitt gebildet (damit Verbesserung auf „4“ möglich). Der Schüler/die Schülerin schreiben die gleiche Klassenarbeit mehrfach. Die Arbeiten werden individuell besprochen, aber erst im Januar zurückgegeben! Hier also Abrechnung zum Zeugnis. Dann erst müssen die Kompetenzen nachgewiesen werden.
Problem weiterhin noch: Auf dem Zeugnis stehen Fächer.

Sonstige Leistungen werden mit einem Punktesystem/Punktekonto beurteilt, z.B.
„Ich kann mich selbst organisieren und den Gruppenprozesse organisieren.“ (Darunter: Ordnerführung 1 Punkt, Ordner wird von der Schule den SchülerInnen geschenkt.)
„Ich biete meine Lernpartnerschaft an.“

Das Punktekonto wird jede Woche vom Schüler/der Schülerin ausgefüllt und jede Woche mit dem Fachlehrer/Mentor besprochen und ist vom Schüler/der Schülerin zu belegen (z.B. durch Kurzprotokoll). Änderungen der möglichen Punkteverteilung müssen mit dem Team besprochen und den SchülerInnen sofort mitgeteilt werden. Während des selbst organisierten Lernens sind mind. zwei Lehrer für mehrere Klassen als Ansprechpartner in einem Bereich der Schule anwesend.

Baulich wurden in den alten Teilen der Schule zunächst die Türen der Klassenräume mit Fenstern ausgestattet. Der Neubau hat gleich Lernateliers mit verschiedenen Bereichen und unterschiedlichsten Sitz- und Stehmöglichkeiten auf einem Flur, auf dem sich SchülerInnen ganz frei bewegen und so arbeiten können, wie es gerade zu ihnen passt.

Weiterhin werden an der Schule Smartphones im Alltag ausdrücklich zugelassen! Außerdem hat jeder Schüler/jede Schülerin einen Laptop in der Schule, der morgens ausgegeben wird.

Finanzielle Mittel über Preisgelder und Sponsoring (seufz).

Der Effekt auf die Schüler und Schülerinnen kann wie folgt zusammengefasst werden:
– deutliche Kompetenzzuwächse im Bereich der personalen Kompetenzen
– Fachkompetenz an breitete Masse vermittelt
– geringere Abbrecherquoten
– entspannte Lernatmosphäre

Effekt bei LehrerInnen:
– Teamarbeit
– entspannte Lernatmosphäre
– weniger Disziplinprobleme

Belastung:
– Entwicklung von SOL-Arrangements
– Zeitaufwand für Teams
– mehr Nähe zu SchülerInnen und zu deren individuellen Problemen

Ausbilder und Eltern:
– sehr positive Resonanz aus Handel, Industrie, med. Bereich
– positive Auswirkungen im persönlichen, familiären Bereich

Fazit: Ich habe den Schulleiter und die stellvertretende Schulleiterin auch vor Ort an der Schule als unglaublich inspirierend erlebt. Eine Schule, an der es Spaß macht, zu lernen und zu arbeiten, fühle ich. So müsste Schule überall sein. Für SchülerInnen und LehrerInnen. (Ich habe nur für mich persönlich die Befürchtung, dass ich nach meiner Zeit im Landtag in einer herkömmlichen Schule nicht mehr glücklich werde…)

Fazit zwei: Wenn man Schulentwicklung macht, kommt man derzeit scheinbar nur schwer an der Bertelsmann Stiftung vorbei…

Nachtrag wegen des Streits um Sponsoring beim Educamp: Ja. Ich sehe immer noch, dass wir streiten müssen wegen dieses Themas, aber ich sehe auch, dass wir in Grundzügen eine Idee von Schule haben, die wir in die Schulen, die Ministerien und die Gesellschaft tragen wollen. Ich bin bei der Sponsoringfrage sehr radikal und eventuell muss ich darüber weiter nachdenken. Ich möchte jedoch nicht, dass wir uns so zerstreiten deshalb, dass keine gemeinsame Arbeit mehr möglich ist.

Educamp. Und weiter?

Ich war beim Educamp:  http://educamp.mixxt.de/

Jubiläum war es. Das 10. Educamp in 5 Jahren. (Heute habe ich in einer Diskussion versehentlich 10 Jahre gesagt. Manchmal fühlt es sich auch an wie 10 Jahre….)

Ich hatte mich im Vorfeld schon mit ein paar Menschen wegen der Sponsoringfrage gestritten (siehe auch im Forum oder auf meiner Seite). Ich weiß nicht, ob meine grundsätzlich etwas nörgelige Stimmung damit zu tun hatte. Ich war zumindest deshalb statt bei der Veranstaltung erst einmal wandern um Ilmenau herum. Abends zum lockeren Treffen bin ich dann zur Uni gefahren. Ein Teil erinnerte mich an die Sektchen- und Schnittchenveranstaltungen, die ich in meinem kurzen Dasein als Politikerin nun schon öfter mitgemacht habe und auch im Blog bereits abhandelte.

Fraglos war alles super organisiert. (Ob die Schnittchen lecker waren, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich habe zwei Biermischgetränke (Köstritzer) und ungefähr vier Tee getrunken, aber selbst das fühlte sich unter den gegebenen Umständen schon falsch an.) Es war brav und bieder, gediegen und langweilig. Glattgebügelt. Wie die Musik. Chillig. Ohne anzuecken. Durchgestylt.

Erst einmal zur Stimmung: Ich habe den Eindruck, die Euphorie ist weg. Ich habe nur wenige Sessions gehört, weil ich aus privaten Gründen früh weg musste, aber mir fehlte das Gefühl von Inspiration.

Bin ich anspruchsvoller geworden? Oder hat man alles irgendwie schon gehört? Fehlt das Neue? Der Moment, in dem man denkt, dass man das alles so noch nie betrachtet hat?

Zweifelsohne sind bei einer solchen Veranstaltung viele Menschen, die ich persönlich mag und die auch ganz viel können. Es fühlt sich aber an, als sei die Gier weg, die Welt besser zu machen. Wir sind satt von gesponserten Schnittchen und von gesponsertem Bier (aus Gläsern). Ich will das so nicht…

Ich frage mich, ob wir eine Änderung des Konzeptes brauchen. (Man kann nach einem Jubiläum auch ein Konzept gnädig für erledigt erklären und mal was ganz Neues anfangen. Oder ist das zu radikal?)
Vielleicht ist es nicht radikal genug. Vielleicht könnten wir endlich mal rausgehen mit all den tollen Ideen und Konzepten und Überlegungen aus 5 Jahren. Raus wohin? Zu den Menschen auf der Straße. Zu den Schülern. Zu den Schulen. Zu den Lehrern. Auf Wochenmärkte. In Fußgängerzonen. In U-Bahnen. Auf Veranstaltungen.

Statt den immer gleichen Vorstellungsrunden drei Kernthemen, drei Kernbegriffe, drei Kernforderungen in die Welt tragen. Mit Theater (politisch, offen oder verdeckt (angelehnt an A. Boal)), mit Guerilla-Marketing, mit Sprühfarben oder Blumen oder was-auch-immer.

Wenn wir aber das Konzept unbedingt beibehalten wollen, dann würde ich gerne ein paar Änderungen versuchen:
Statt eines Systems mit Sponsoren Crowdfunding zum Beispiel via betterplaces.org. Gesamtkosten als Zielsumme und einfach mal gucken, wie vielen Menschen innerhalb und außerhalb unserer Filterbubble dieses Konzept etwas wert ist. Dann sieht man nämlich, ob das Konzept tragfähig ist, wenn es genug Menschen unterstützenswert finden und das dann nicht nur Unternehmen sind, die sich mal mehr, mal weniger davon Profit oder Werbung versprechen.

Ich sehe das Problem fast jeder politischen Veranstaltung (Ja. Das Educamp ist eine politische Veranstaltung.) Wir reden in unserer Filterbubble, aber nicht mit den Betroffenen. Wie ändert man das? Wie muss eine Veranstaltung sein, damit Schüler/Bürger da gerne hingehen und mitmachen wollen? Wenn wir Schule/Politik/Gesellschaft gestalten wollen, müssen wir ins Gespräch kommen. Nicht nur untereinander, sondern mit einem größeren Teil der Gesellschaft.

Nachtrag: Vielleicht sammeln wir mal ein paar Ideen: http://t.co/mcPDQnx

(Das könnte ein alternatives Educamp werden. Mir wäre aber eigentlich lieber, dass wir es zusammen mit dem Verein versuchen. Ein Verein könnte auch die Sache mit dem Crowdfunding vereinfachen. Ich weiß allerdings nicht, wie da die Bereitschaft ist, etwas Alternatives auszuprobieren.)

Transparenz

Wir machen dann mal das mit der Transparenz:

http://t.co/VOv7drvf

Die Tabelle mit meinen Einkünften ist nicht vollständig. Die Barquittungen liegen zu größeren Teilen in meiner Schublade, weil ich nicht zum Sortieren komme derzeit. Es fehlt ein größerer Betrag Crowdfunding. Das fällt mir so spontan schon ein.

Meine Steuern liegen beim Finanzamt. Da fehlt noch der Steuerbescheid für 2011 und damit die Zahlen für die Vermietung aus dem letzten Jahr. Da bleibt aber in dem Sinne nichts übrig, weil man für so ein Haus ein paar Rücklagen braucht, falls mal so ein Dach undicht wird oder die Heizung ausfällt.

Einige Zahlen sind geschätzt. Die Einrichtung fürs Büro in Dortmund kaufen wir gerade erst. Da ist auch noch kein Büromaterial etc. Ebenfalls fehlen die Zahlen für die Getränke fürs Büro in Düsseldorf. Wenn ich noch länger darüber nachdenke, fällt mir sicher noch mehr ein.

Ich denke aber, man erkennt, was es mal werden soll 😉