Archiv für den Monat: Februar 2016

Was tun…

wenn man zum Beispiel sexistisch oder rassistisch beleidigt wird? 

Das fragte mich gestern in einer sehr spannenden Diskussion mit Kursen eines Berufskollegs eine Schülerin. Und ich habe direkt gemerkt, dass ich gar keine so richtig tolle Antwort darauf hatte/habe. Und so kaue ich auf dieser Frage herum. Wann wendet man sich eigentlich an die Polizei? Mein Vertrauen dahin ist ja eher beschränkt, wie ich immer wieder feststelle.

Aber was dann? Ich sehe mich nicht in der Lage, mehr oder minder kluge Ratschläge zu geben. Ich kann höchstens mal hier darüber nachdenken, wie ich eigentlich mit solchen Situationen umgehe. Ich kann durchaus einschreiten, wenn ich mitbekomme, dass Menschen angegangen werden. (Und es zeigt meine privilegierte Stellung, dass ich eben entscheiden kann, ob ich das tue.) Auch bei körperlichen Auseinandersetzungen in der U-Bahn zum Beispiel oder in meiner Tätigkeit als Lehrerin auf dem Schulhof habe ich das immer wieder gemacht. Die Entscheidung dabei ist sogar relativ leicht, wenn ich das Gefühl habe, dass da jemand Hilfe braucht. 

Meine Reaktionen auf Beleidigungen oder auch andere Angriffe auf mich selbst sind dann eher davon abhängig, ob ich in Pöbellaune bin oder eher nur meine Ruhe haben will. Beispiel: Irgendwann bin ich nach längerer Reise mit schwerem Rucksack zurück in Dortmund abends in der U-Bahn von so besoffenen Fuballfans doof angemacht worden. Einer ist nicht in der Lage, sich festzuhalten und fällt (mit Absicht?) zwei Mal gegen mich. Ich war eh genervt und wollte nur nach Hause. Also hatte ich eigentlich vor, nicht weiter darauf einzugehen. Aber ich kann es auch nicht gut haben, wenn mich ein fremder Typ angrabscht. Also habe ich die Kopfhörer abgesetzt und dann (leider) eine Diskussion angefangen, in deren Verlauf mir der Freund von dem Typen erzählen musste, dass der andere ja voll der tolle Kerl sei und eine Frau suche. Gänzlich die Faxen dicke hatte ich dann, als sich noch andere einmischten. Irgendwas, dass ich das doch mal mit Humor sehen solle. Und hübsch war auch der, der fragte, ob ich überhaupt Dortmunderin sei. (Sowas mit Lokalpatriotismus fehlte gerade noch.) Die wenigen Frauen, die auch in dieser Bahn waren, haben übrigens alle geschwiegen. (Irgendwas in mir denkt noch kurz, dass ich dem einen oder anderen gerne in die Eier treten würde. Aber das Resultat ist: Ich bin dann stattdessen ausgestiegen und die restlichen zwei Haltestellen mit vollem Gepäck gelaufen. Wütend ob dem Ohnmachtsgefühl.)

Ich handele also auch nicht immer besonnen und nicht immer bin ich souverän bei Eskalationen. Aber manchmal kann ich halt Leute auch anschreien oder sehr direkt auf sie zugehen. Oder irgendwo einschreiten.  Und dann weichen die, die andere bedrohen, auch mitunter zurück.  

Ich denke, was mir immer ganz gut hilft: Mit Freund*innen/Genoss*innen reden können. Das Gefühl von Solidarität, nicht alleine zu sein mit der Gesamtscheiße. („Hey, heute ist mir das und das in der Bahn passiert.“ Oder aber eben auch „Ich habe mich heute nicht getraut, mich zu wehren.“) Es ist immer sinnvoll, sich mit anderen auszutauschen. Jede/r muss trotzdem ihren/seinen Weg finden. Wo schreite ich ein? Wo halte ich den Mund? Wo ist es wie gefährlich, den Mund aufzumachen? Wo frage ich wen um Hilfe? Welche Notfallnummern habe ich im Handy? Und vielleicht auch: Mal wieder mehr Sport machen (Laufen, Kampfsport etc.)?

Wie geht ihr eigentlich mit derlei Situationen um?

Rezension Film „Projekt A“

Grundsätzlich handelt es sich um einen recht kurzweiligen Film, der sich mit mehreren mehr oder minder anarchistisch geprägten Projekten in Europa beschäftigt. Es wird relativ wenig theoretischer Hintergrund verarbeitet, was man zwar als Kritikpunkt ansehen kann. Allerdings ermöglicht der Film auf diese recht einfach zugängliche Art einen angenehmen Einstieg für Menschen, die sich noch nicht viel mit dem Thema Anarchismus beschäftigt haben. Die Auswirkungen der kapitalistischen Gesellschaft werden in vielen europäischen Ländern seit Jahren spürbarer. Dies führt aus der Not heraus zu neuen Versuchen, solidarischen, selbstbestimmten Lebens, aber auch zu einer vermehrten Ablehnung von staatlichen Strukturen. Anarchismus geht davon aus, dass niemand das Recht hat, über andere zu bestimmen.

Ursprünglich war der Film mit Horst Stowasser geplant. Nach dessen Tod jedoch musste die Richtung des Films geändert werden.

Ausverkaufte Kinos zeigen, dass generell reges Interesse am Thema besteht. 
Kritik wurde bisher teilweise dazu geäußert, dass nicht alle Projekte anarchistischen Hintergrund haben, aber eventuell bietet dies auch Chancen, Menschen zu zeigen, dass es im Alltag mehr Anarchistisches gibt, als gemeinhin angenommen.

Von den Filmmacher*innen wurde als Projekt unter anderem (neben griechischen Initiativen, die vor allem wegen aktueller Entwicklungen beleuchtet wurden) die rein zahlenmäßig größere CGT (nicht CNT) gewählt, um zu zeigen, dass Anarchosyndikalismus auch in großem Maßstab funktioniert. Dies erscheint vor der oft gestellten Frage, ob Anarchismus auch auf eine gesamte Gesellschaft übertragbar ist, sinnvoll. 

Die Hoffnung der Macher*innen ist, dass der Film Lust darauf macht, dass Menschen sich organisieren (in welcher Form auch immer). 

In Dortmund läuft der Film vom 11.02.-17.02. im Roxy. Ihr könnt dort auch weiterführend mit der anarchistischen Gruppe Dortmund diskutieren, die dort einen Infostand anbietet.