Archiv der Kategorie: Piratenfraktion

NSU Untersuchungsausschuss NRW

Update: Wir haben heute in der Fraktionssitzung beschlossen, die Anträge erst im Juli! einzubringen. Mir ist die Einsetzung wichtiger als Wahlkampf. Ich möchte dazu beitragen, Aufklärung zu ermöglichen und voranzutreiben. Insofern werden wir in den Wochen bis zum Juniplenum versuchen, mit anderen Fraktionen weiter zu verhandeln über einen gemeinsamen Antrag.

Da das nun doch schon so irgendwie öffentlich ist, mal eine kurze Stellungnahme vorab von mir:

Seit ungefähr Januar schreiben meine Mitarbeiter und viele Freiwillige mit mir zusammen an einem Antrag für einen möglichen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss für NRW bezüglich der Aufarbeitung der Taten des NSU. An dieser Stelle erst einmal vielen Dank an alle. Dabei geholfen haben Menschen und Mitarbeiter*innen von den Piraten natürlich, aber auch mehrere Journalist*innen, Aktivist*innen aus unterschiedlichsten Gruppierungen, von Antifa-Recherchegruppen, aus unterschiedlichsten Parteien (vor allem von „Die Linke“) usw.

Da wir aktuell noch in Verhandlungen mit den anderen Fraktionen sind, ist noch nicht ganz klar, wie es weitergeht. Die politische Variante mit mehr Zeit ist der kurze Antrag, der dann zur Diskussion in die Ausschüsse gehen kann:

http://www.piratenfraktion-nrw.de/wp-content/uploads/2014/05/Politischer_Antrag_PUA_NSU-Aussch%C3%BCsse.docx

Die ausführliche Variante, die dann aber direkt abgestimmt würde, findet sich hier:

http://www.piratenfraktion-nrw.de/wp-content/uploads/2014/05/Antrag_NSU-PUA-DIREKT.docx

Die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses erfordert in NRW die Zustimmung von 20 Prozent der Mitglieder des Landtages. Dies bedeutet, dass wir noch Menschen aus anderen Fraktionen benötigen, um wirklich einen Untersuchungsausschuss zu bekommen. Da ich keinen Showantrag will, sondern mir diese Einsetzung sehr wichtig ist, tendiere ich aktuell dazu, den kurzen Antrag einzubringen, damit die anderen Fraktionen nochmal Zeit haben, ihre möglichen Änderungswünsche einzubringen.

Ich halte den Untersuchungsausschuss für absolut notwendig, weil bei weitem nicht alle offenen Fragen rund um den Themenkomplex beantwortet wurden und weil neben dem Gericht in München und neben dem bereits abgeschlossenen Untersuchungsausschuss des Bundestages auch die Länder in der Verpflichtung sind, alles ihnen Mögliche zu tun, um die Aufklärung so weit wie möglich zu betreiben.

It’s not over – Besetzung der Hauptschule Bärendelle in Essen

Von ungefähr Sonntag Nacht/Montag früh an hatte eine Gruppe junger Menschen (Plenum Bärendelle) das seit einigen Jahren leer stehende (und mangels Investor langsam verfallende) Gebäude der Hauptschule Bärendelle in Essen besetzt.

Heute früh erfolgte die Räumung durch ein massives Aufgebot an Polizei.

Ich habe seit Montagnachmittag viele Stunden vor Ort verbracht. Aus mehreren Gründen:
Ich fühle mich der Antifa verbunden.
Ich bin der Auffassung, dass es dem Ruhrgebiet gesamt sehr gut tun würde, alternative, selbstverwaltete Projekte für Menschen zu fördern.
Ich kann mir vorstellen, dass eine Stadt ein leer stehendes Gebäude für eine Zwischennutzung frei gibt.

Was ich vor Ort erlebte:

Die Menschen dort waren allesamt friedlich und politisch hoch engagiert. Ich habe Gespräche verfolgt über feministische Sicht auf Filme, über Literatur und Kunst. All das gibt mir das Gefühl: Das sind Menschen, die das Zeug hätten, ein kulturelles, bildendes, politisches Projekt zu initiieren und zu betreiben. Die Atmosphäre dort war sehr angenehm. Musik, Kerzen, Gespräche. Und der einende Wunsch nach einem Ort, der dafür auch weiterhin verwendet werden kann.

Auf Twitter wurde mir vereinzelt „fehlendes Unrechtsbewusstsein“ vorgeworfen. Es gehe nicht, dass Menschen sich „ein Objekt der Begierde“ einfach nehmen würden. (Dass gerade „Piraten“ das so sehen, entbehrt nicht einer gewissen Komik.)

Ich bin etwas anderer Ansicht. Sicher. Es ist strafrechtlich relevant, in das Eigentum der Stadt Essen einzudringen. Auf der anderen Seite habe ich den Eindruck, dass es durchaus ein wirkungsvoller Protest war, um auf Missstände aufmerksam zu machen (mit friedlichen Mitteln). Ich war selber nicht im Gebäude und kann also nichts dazu sagen, ob es dort Sachbeschädigungen durch die Besetzer*innen gegeben hat. Allerdings habe ich die staatlich legitimierte Sachbeschädigung durch die Polizei am Eingangsbereich gesehen und deren Kettensägen etc.

Ich war heute Nacht vor Ort. Der Abend verlief wie zuvor friedlich und entspannt. (Man mag darüber streiten, ob es sinnvoll ist, laute Musik zu hören nachts im Park vor der Schule, weil ich es taktisch nicht klug finde, die Anwohner*innen zu verärgern. Aber das waren nicht unmittelbar die Menschen vom Plenum Bärendelle, sondern nach meiner Wahrnehmung eher solidarische Gruppen im Park.)

Gegen Ende der Nacht gab es dann zunehmend Berichte darüber, dass die Polizei die Schule bald räumen würde. Ein Räumpanzer fuhr dann auch mal vorbei (zunächst zum Bahnhof dort, wo sich die Polizeikräfte sammelten.) Wie vermutet wurde es dann gegen 6 Uhr ernst. (Meine Nachfrage ob einer bevorstehenden Räumung wurde aus „polizeitaktischen Gründen“ von den dann kurze Zeit später abgezogenen Polizist*innen direkt vor Ort nicht beantwortet.)

Die Räumung:

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Die Polizei fuhr mit allerlei Gerät auf. Ich habe die Menge der Polizist*innen und Fahrzeuge plus Räumpanzer plus Hunde als recht bedrohlich und übertrieben empfunden. Es gab drei ähnlich lautende Ansagen durch die Polizei, bevor dann geräumt wurde. Den Besetzer*innen wurde dabei bewusst über den Mund und in ihre Erklärung gefahren. Menschen nicht ausreden zu lassen, ist auch Demonstration von Macht. Gleich zu Beginn haben Polizist*innen mit Helm etc. solidarische Menschen auch gleich mal aus dem Weg geschubst.

Zu mir war die Polizei weitgehend freundlich. Ich musste zwar gefühlte x Male meinen Ausweis zeigen, wurde aber dann auch im gesperrten Bereich toleriert. Bis eine Polizistin kam und mich gar nicht ausreden ließ. Sie hat mich hinter die Absperrung verwiesen, weil ich dort in ihrem Arbeitsbereich stehen würde. (Ich stand neben dem Zaun zum Sportplatz in sicherer Entfernung zum Eingang. Da war also kein direkter Arbeitsbereich.) Sie hat zur Kenntnis genommen, dass ich MdL bin und argumentiert, sie könne meine Anwesenheit dort nicht rechtfertigen vor den Menschen, die hinter der Absperrung bleiben müssten. Ihre vermummte Kollegin hat es dann aber gar nicht mehr mit Reden versucht, sondern mich einfach gewaltsam Richtung Absperrung gedrängt. Meinen rechten Arm hat sie auch nach mehrfacher Aufforderung (auch durch ihre Kollegin) nicht losgelassen. (Ich denke, dass jemand hinter mir das gefilmt haben müsste.) Ich selber habe mehrfach gesagt, dass ich Mitglied des Landtages sei und sie kein Recht hätten, mich dort wegzudrängen. Ich habe den Ausweis der Polizistin auch nach mehrfacher Aufforderung nicht zu sehen bekommen. Den Namen habe ich. Ich habe kein Interesse, das weiter zu verfolgen, aber interessant war, zu sehen, wie viel Spaß die Dame an dem Machtkampf hatte. Ich bin nach der Auseinandersetzung wieder nach vorne in die Nähe der Eingangstür gegangen. Ich spiele solche Privilegien nicht gerne aus. Aber an der Stelle ist es vielleicht auch einfach wichtig, Präsenz zu zeigen. Zu zeigen, dass die Polizei auch beobachtet wird. Zu zeigen, dass es mich interessiert, wie bei einer Räumung mit Menschen umgegangen wird.

Irgendwann dann kamen wohl auch Vertreter*innen der Stadt (Frau Kern? und weitere mir nicht bekannte Personen, die zum Teil auch mit der vor Ort anwesenden Presse sprachen.)

Was mich traurig macht: Formulierungen wie „Die Stadt will“, „Der Stadt gehört“ etc. Solche Formulierungen nehmen Beteiligten die Verantwortung. Da steht dann kein Mensch direkt hinter, sondern ein wenig greifbares Kollektiv. Zudem hätte ich es mutiger gefunden, wenn Vertreter*innen der Stadt den Kontakt mit den Menschen vom Plenum Bärendelle gesucht hätten (und zwar ohne Polizeischutz). Nach meinem Kenntnisstand ist das bis zuletzt nicht wirklich passiert. Man mag darüber streiten, ob es von Seiten der Besetzer*innen klüger gewesen wäre, selber offensiver den Kontakt zu suchen. Eine Mail zu schreiben, sollte aber auch von Seiten der Stadt möglich sein. Ebenfalls wenig glaubhaft fand ich die Begründung der Stadt beim Abstellen des Wassers. (Diese kenne ich allerdings nur aus Gerüchten.) Zu sagen, man hätte das gemacht, weil das Gebäude nicht mehr genutzt würde, ist zu wenig klar. Im Grunde ging es doch darum, den Besetzer*innen das Leben schwer zu machen im Haus, weil sie dort nicht erwünscht waren.

Ich finde zusammenfassend, dass sich der Protest gelohnt hat. (Und ja: Ich finde die Menschen, die das organisiert haben, mutig.)

Was nun?

Ich wünsche mir aber, dass es nun nicht vorbei ist. Ich habe die Hoffnung, dass jetzt Gespräche aufgenommen werden, die vielleicht sogar die Nutzung eines Gebäudes der Stadt für ein Autonomes Zentrum ermöglichen. Ich behaupte, damit wäre allen geholfen: Den Menschen, die sich politisch engagieren und Kunst und Kultur organisieren wollen. Der Stadt, die damit neue Freiräume schaffen könnte. Und dem Ruhrgebiet, dem viele Freiräume für derlei fehlen. In allen Städten.

Ausdrücklich loben möchte ich die Berichterstattung von Stefan Laurin und Team via Ruhrbarone, die sehr viel vor Ort waren.

Demo:

Heute (Mittwoch, 24.7.) findet um 18. 00 Uhr eine Demo am Bahnhof Essen-West statt. Nehmt teil, seid bunt und laut und friedlich.

Informationsreise Schulausschuss 17.4.

Der Ausschuss für Schule und Weiterbildung macht in diesem Kalenderjahr drei Informationsreisen in NRW. Heute also die erste dieser Fahrten, bei der jeweils mehrere Schulen besucht werden. Schwerpunkt wird natürlich aufgrund der anstehenden politischen und gesellschaftlichen Aufgabe der Besuch von praktischen Beispielen zur Umsetzung von Inklusion sein.

Erste Schule: LVR-Förderschule Anna-Freud-Schule (AFS) Köln

http://www.anna-freud-schule.de/

(Spannend, weil es kaum Schulen gibt im Förderbereich, die auch Sek. II anbieten, also die Möglichkeit, Abitur zu erwerben.)

Nach der Begrüßung bekommen wir zunächst einige Informationen vom Schulleitungsteam.

Kerndaten: 300 Schülerinnen und Schüler. Vielfältige Möglichkeiten zur Therapie z.B. Logopädie, Ergotherapie, Schulpsychologie, Pflegepersonal etc.
Viele LehrerInnen mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung.

Oberstufe 2/3 körperbehinderte Schüler und Schülerinnen. Großer Anteil Asperger. Aber auch Kinder und Jugendliche mit Angststörungen etc. 1/3 nicht-behinderte Schüler*innen aus der im Gebäude angesiedelten Realschule. Erwerb zusätzlicher Sozialkompetenz in der Folge erkennbar.

Ganztagsschule.

(Betongebäude. Man könnte Schulen schon hübscher bauen….)

Idee: Schüler und Schülerinnen selbstständig machen, auch mit schwersten Behinderungen, für ein Leben nach der Schule
Befähigen zur „Teilgabe“: ihre persönlichen Kompetenzen aktiv in die Gesellschaft einbringen.

Grundlage: Diagnose von Stärken/Schwächen und gezielte Förderung

60-70 Prozent der Schüler*innen werden abgelehnt (aus Kapazitätsgründen). Die wichtigsten/“schlimmsten“ Fälle werden angenommen. Mittlerer Schulabschluss muss prognostiziert sein und die Schüler*innen, die angenommen werden, hätten diese Chance an einer Regelschule nicht.

Großer Anteil Vernetzung mit außerschulischen Partnern, auch zur Berufsvorbereitung

Inklusion ist das eigentlich nicht in dieser Schule, denn Schüler und Schülerinnen werden ausgewählt. Die Schule ist nicht offen für alle. Prozessorientierter Inklusionsbegriff.
Ansicht, dass Elternwille gestärkt werden soll. In dieser Schule haben die behinderten Schüler*Innen die Mehrheit. Ansicht, dass ein Anteil der behinderten Schüler*innen in der Rolle des „Besonderen“, der Minderheit in allgemeinbildenden, inklusiven Schulen nicht zurecht käme.

Ein vorgestellter Arbeitsschwerpunkt: Nachteilsausgleich. Grundsatz der Chancengleichheit soll Rechnung getragen werden. Individuelle Benachteiligung soll berücksichtigt werden. Zu Beginn berät Klassenkonferenz und beschließt für alle Schüler*innen individuellen Nachteilsausgleich.
Das kann sein: die Darstellung von Aufgaben (Sehbehinderung zum Beispiel mit größerer Darstellung oder andere Papierfarbe), zu verwendende Hilfsmittel (Schreib-/ Lesehilfsmittel, Hilfe durch unterstützendes Personal etc.), Zeitzugaben, Strukturierungshilfen.

Zentralabitur. Zielgleicher Unterricht, deshalb Teilnahme an zentralen Prüfungen.

Es folgten zwei Kleingruppenphasen. Einmal kurzer Rundgang zur Logopädie und zu einer Unterrichtsgruppe (leider wirklich sehr knapp) und ein sehr angenehmes Gespräch mit Schüler*innen aus unterschiedlichen Klassen/Jahrgangsstufen mit und ohne Behinderung.
Die Schüler*innen vertraten dabei unterschiedliche Meinungen bezüglich Inklusion. Während einige Schülerinnen der Oberstufe ohne Behinderung, die von der benachbarten Realschule gewechselt waren, eher die Auffassung vertraten, dass es wie hier praktiziert (also überwiegender Teil behinderte Schüler*innen) besser sei als die Variante mit vielen „normalen“ und wenigen behinderten Schüler*Innen, vertrat die jüngere Schülerin aus der neunten Klasse die Meinung, dass sie einen gemeinsamen Unterricht mit der Realschule bevorzugen würde, weil sie dort sehr viele Freund*innen habe.

Es wird an der Schule der Begriff der „realistischen“ Inklusion verwendet. Es sollte ein plurales Angebot geben. Förderschulen sollten nicht alle geschlossen werden. Im Sinne des UN-Begriffes ist das möglicherweise problematisch.

Da ein Teil der Schüler*innen von weiter weg kommt, ist ein Internat in der Nähe.

Persönliche Zwischenbemerkung: Besonders im Gespräch mit Schüler*innen merke ich, wie mir Schule fehlt….

Zweite Schule: Integrierte Gesamtschule Bonn-Beuel (IGS)

http://www.gebonn.de/

Baulich ganz anders. Große, helle Räume mit vielen Fenstern. Mensa mit Sitzbereich draußen (fein in der Sonne), großzügiges, freundliches Treppenhaus.

Kurze Phase mit Unterrichtsbereich. Freiarbeit in einer 6. Klasse mit einem Lehrer und einer Lehrerin im Team plus zwei Begleiter für jeweils eine Schülerin und einen Schüler.

Danach Powerpointpräsentation durch die Schulleitung. Ein wenig zur Gründung der Schule, zur Arbeit an der Schule sowie den aus deren Sicht wichtigen Bedingungen für inklusiven Unterricht.

Kerndaten: 7 Prozent Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, 21 Prozent Schüler*innen mit Migrationshintergrund, zu Beginn drei Leistungsgruppen.

Demokratische Schule, lange Tradition paritätischer Gremien (Schüler*innen, Eltern, Lehrer*Innen), Feedbackkultur.

Gemeinsamen Unterricht seit 1985, Schüler*innen allerdings ausgesucht durch die Schule. Damals aber auch schon Unterricht im Team.
Seit 2010/2011 echtes Losverfahren (bis zur Kapazitätsgrenze, auch für verschiedene Förderschwerpunkte begrenzt).

26 Schüler*innen in einer Klasse zusammen (davon 6 Förderschüler*Innen mit möglichst verschiedenen Förderschwerpunkten), Doppelbesetzung (vor allem bei neuen Klassen, jüngeren Schüler*innen). Derzeit wird aber die Finanzierung der Doppelbesetzung schwerer, deshalb ist eine Ausweitung des gemeinsamen Unterrichts unsicher.
(Es gibt lt. Aussage des didaktischen Leiters keine zusätzlichen Kapazitäten zum Beispiel für Schulleiter*innen zur Planung etc.)

Schulen wurden unter anderen Voraussetzungen gebaut. Es fehlen also Räume für Gruppenarbeit, sanitäre Anlagen etc.

Es fehle in der Lehrer*innenausbildung an Kompetenz bei Fachleiter*innen, so dass eventuell Referendar*innen bei Prüfungen m GU Nachteile haben könnten. (Außerdem fehle jungen Lehrer*innen an Zusatzausbildung.

Es brauche:

Zuverlässige Rechtsgrundlagen, professionelle Organisation, ausreichend Lehrerarbeitszeit

Danach noch Gesprächsrunden mit Schulleitung, Schüler*innen und Eltern zum Klären von Fragen und zum Austausch. Hierbei wird deutlich, dass die Befürchtung besteht, dass im Schulrechtsänderungsgesetz die unterschiedlichen Bedingungen von Schulen nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Es zeigen sich Widersprüche zu den Aussagen in der ersten Schule. (Hier werden gerade nicht Schüler*innen mit demselben Förderschwerpunkt in einer Klasse beschult. Zudem sind die behinderten Schüler*innen in der Minderheit. Sowohl Schulleitung, als auch Schüler*innen sprechen sich klar für ein gemeinsames Lernen aus, zum Beispiel, weil hier die Sondersituation einer Förderschule wegfällt und Grenzen im Umgang schneller gelernt werden. Der Unterricht wird teilweise zieldifferent, teilweise zielgleich durchgeführt. Die Schüler*innen werden aber weitgehend im Klassenverband mitbeschult. Auch die von den Schüler*innen der Anne-Freud-Schule befürchtete Mobbingsituation in der Pubertät wird als nicht überdurchschnittlich problematisch eingestuft. )

Hilfreich wäre ein Pool von Schulbegleiter*innen. (Da muss vor allem geregelt werden, welche Zuständigkeiten sich daraus ergeben (Jugendamt etc.)

Bisher laufe der große Teil der inklusiven Schulangebote an Gesamtschulen.

Fazit:

Wir haben heute in zwei völlig unterschiedlichen Schulen sehr engagierte Schüler- und Lehrer*innen erlebt. Derzeit ist gelingende Inklusion aber sehr abhängig vom Engagement einzelner Schulleiter*innen, Lehrer*innenteams, Elterninitiativen etc.

Ich für mich möchte die Utopie eines wirklich inklusiven Schulsystems, in dem alle zusammen lernen können, noch nicht aufgeben, weil es Menschenrecht ist, aber auch, weil ich es für alle Beteiligten als bereichernd ansehe. Das Problem, was ich dabei sehe, ist in erster Linie die Finanzierung (zum Beispiel für Ausbildung, Fortbildungen, Teamteaching etc.)

Auf der anderen Seite sehe ich gerade im Schulsystem viele Bedenkenträger*innen, die einer großen (in meinen Augen dringend notwendigen) Reform hin zum echten individuellen Lernen im Weg stehen.

Insgesamt ein wirklich schöner, inspirierender Tag <3

Parteipolitikmist

Entschuldigt die Wortwahl. Ich bin sauer. Und enttäuscht.

Gut. Das kommt nicht überraschend. Aber es war unnötig.

Mal von vorne:

Die Piratenfraktion in NRW hatte zu dem in den Medien diskutierten Fall der in Köln an zwei katholischen Krankenhäusern abgewiesenen Vergewaltigungsopfer einen Eilantrag gestellt:

http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-1953.pdf

Den Fraktionen der Grünen und der SPD soll dieser Antrag „nicht weit genug“ gegangen sein und zu „technisch“ formuliert sein, wie „Der Westen“ berichtet:

http://www.derwesten.de/politik/piraten-machen-affaere-um-vergewaltigungsopfer-zum-thema-im-landtag-id7509045.html

Hier also der Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der Grünen:

http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-1966.pdf

Zunächst mal fällt auf, dass der Antrag weniger weit geht in der Frage der Aufklärung. Wir wollten auch die Frage klären, ob es in anderen Kliniken zu ähnlichen Versäumnissen gekommen ist, während der Entschließungsantrag der Grünen und der SPD im ersten Punkt nur die beiden Krankenhäuser nennt, die in den Medien erwähnt wurden.

Neu aufgegriffen wurde die Frage, ob die „Pille danach“ zur Erstversorgung von Vergewaltigungsopfern gehört. (Den Punkt hatten wir tatsächlich nicht und insofern finde ich den Antrag an der Stelle auch gut.)

Ich hätte mir also gut vorstellen können, einfach einen gemeinsamen Antrag zu stellen. (Das ist natürlich ganz offensichtlich naiv.)

Es gab dann zusätzlich noch einen recht wenig aussagekräftigen Entschließungsantrag der Fraktion der CDU (bei dem wir uns enthalten haben):

http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-1967.pdf

Und nun kam der Teil mit den parteipolitischen Spielchen (von denen ja behauptet wurde, sie wären da gar nicht vorhanden.)

Wir wollten die Einzelpunkte unseres Eilantrages und des Antrages der Fraktion der SPD und der Grünen entsprechend auch einzeln abstimmen lassen, um den Mitgliedern der Fraktionen die Möglichkeit zu geben, auch (zumindest teilweise) unserem Antrag zustimmen zu können. Ein wenig Unruhe. Ein wenig Gerenne. Am Ende wurde (obwohl wir inhaltlich dasselbe wollen!) von der Fraktion der SPD und der Grünen gegen(!) unseren Eilantrag gestimmt. Die Fraktion der FDP hat sich immerhin enthalten.

Wir haben für den Antrag der Fraktion der SPD und der Grünen gestimmt. (Uns geht es nämlich um die Sache.) Bei den anderen Fraktionen zweifele ich daran nach dieser Aktion.

Das Ganze hat aber letztendlich für mich etwas Gutes:

Jetzt bin ich wieder sehr sicher, warum es Piraten braucht. Eine Order von „oben“ darüber, wie wir abzustimmen haben, würden wir schlicht nicht mitmachen. (Schon gar nicht, wenn der Inhalt zustimmungswürdig ist, aber abgelehnt werden „muss“ (weil er von der „falschen“ Partei kommt.)) Wir dürfen sogar innerhalb der Fraktion unterschiedlich abstimmen. (Ja. Auch bei uns kann das Ärger geben (siehe Nichtraucherschutzgesetz….))  Bei allen Streitigkeiten, bei allem Ärger, den es auch schon mal bei Piraten gibt: Heute bin ich mal wieder sehr froh, bei den Piraten zu sein.

Nichtraucherschutzgesetz

André hat sich darüber ausgelassen, wie eigentlich Programm, Fraktion und eigene Meinung zusammenpassen oder auch nicht.

Den gesamten Text findet ihr hier:

http://t.co/ED3UO2mX

Konkret geht es darum, dass ich erwäge beim Nichtraucherschutzgesetz entgegen dem beschlossenen Positionspapier (http://t.co/0ayAaHOB) für das Gesetz zu stimmen.
Warum ich dafür bin, habe ich schon anderweitig begründet. Ich halte Nichtraucherschutz in dem Fall tatsächlich für wichtig. Ich stimme an anderen Stellen mit unseren Ideen zur Drogenpolitik überein. Ich sehe das individuelle Recht, Drogen zu verwenden. Das bedeutet aber nicht, dass jemand auch das Recht hat, andere/Dritte zu schädigen.

Nun muss so ein Nichtraucher halt nicht in eine Kneipe gehen. Es geht mir aber bei den Piraten um Teilhabe und ich sehe den derzeitigen Nichtraucherschutz aufgrund der diversen Ausnahmen als gescheitert an. Nichtraucher werden also von Veranstaltungen ausgeschlossen. Das finde ich nicht sinnvoll.

Weiterhin geht es um den Schutz der Arbeitnehmer. Ein Kneipenbesitzer kann für sich erscheinen, ob er sich dem aussetzen möchte. Eine Angestellte mitunter nicht, weil sie auf den Job und das Geld angewiesen ist.

Weiterhin sehe ich in dem Fall nicht einmal, dass es ein grober Verstoß gegen die Positionen der Piraten ist.

Wir haben uns klar gegen Fraktionszwang und imperatives Mandat ausgesprochen. Ich habe mich bisher immer an den beschlossenen Positionen orientiert. In dem konkreten Fall widerspreche ich aber dem Positionspapier.
Weiterhin ist die Sinnhaftigkeit des Positionspapiers anzuzweifeln. Ich bin nicht ganz sicher, meine mich aber zu erinnern, dass das Ding gegen Ende des Parteitages mit sehr wenig Beteiligung beschlossen wurde. In dieser Frage dürft ihr mich gerne korrigieren, aber ich meine, ich hätte da schon abgebaut.
Außerdem sehe ich einen Widerspruch zum Grundsatzprogramm der Bundespartei, welches sich ausdrücklich dafür ausspricht beim Konsum von Drogen Dritte/Nichtkonsumenten zu schützen.
(http://www.piratenpartei.de/politik/selbstbestimmtes-leben/drogen-und-suchtpolitik/index.html ) Ich teile nicht Andrés Auffassung, dass das allen bewusst war bei der Abstimmung. Und ich teile weiterhin nicht die Auffassung, dass das Positionspapier höherwertig ist. Eher das Gegenteil ist der Fall: Siehe auch: notwendige Mehrheiten.

André hat mir bis zu Rücktritt mehrere Sachen vorgeschlagen, wenn ich nicht bereit
wäre, die Positionen der Partei zu vertreten, zum Beispiel könnte ich ja den Saal bei der Abstimmung verlassen. Oder mich enthalten. Damit ich nicht gegen die abgestimmte Position der Basis handele.

Verdrücken als gangbarer Weg? Ich weiß nicht….
Als ihr mich gewählt habt, muss euch klar gewesen sein, dass ich als Marionette nicht so tauge….

Ich bin gut, wenn ich Inhalte mit Leidenschaft vertrete. Das ist bei fast allen Pirateninhalten der Fall. Es wird Ausnahmen davon geben. Deal with it.

Ich zitiere mal ein paar der DMs:

„Dann hast du schlicht vergessen wofür Du angetreten bist. Schade. Ich habe Dir mehr zugetraut als Dein eigenes Ego“

„Wie sollten wir Politik machen, wenn eh egal ist was wir beschliessen und nur zählt was Du willst… ? Wie soll das funktionieren ?“

„Du erhebst Dich über alle anderen Piraten. Das ist genau das was wir nie wollten.“

„Und: Du darfst es anders sehen.Und entsprechend dafür streiten.Aber Du bist angetreten um die Interessen der Piratenpartei NRW zu vertreten.“

„Solltest Du Deiner Verantwortung nicht gerecht werden können, könntest Du a) fernbleiben, Dich b) enthalten“

„Wenn Du das wofür Du gewählt wurdest gar nicht vertreten kannst, solltest Du zurücktreten. Dann bist Du die Falsche für die Aufgabe.“

Besuch einer Justizvollzugsanstalt

Besuch in der JVA Willich 2

https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/justizimwww/justizvollzug/willich2/index.php

Gestern also war mein Termin in der oben genannten Justizvollzugsanstalt. Ich wollte mich schon länger mit den pädagogischen Konzepten in unseren JVAs beschäftigen. Man kann da aber in NRW nicht einfach hingehen, auch nicht als Abgeordnete. Das Justizministerium möchte das erst genehmigen. Also schreibt man zig Mails hin und her, bis das dann klappt.
(Ergänzend hier, dass die Kontakte mit der JVA selber total angenehm waren.)
Ich weiß nicht, ob es tatsächlich so wäre, dass man abgewiesen würde, wenn man mal unangekündigt vor so einer Institution stehen würde. Ich wollte das nicht gleich ausprobieren.

Als Referendarin hatte ich mal mit einem Lehrer zu tun, der für eine Zeit in einer JVA unterrichtet hat.

Seitdem habe ich zwar immer mal darüber nachgedacht, wie das wohl sein mag, mich aber nie konkret damit beschäftigt.

Am Einlass muss man das Handy/Smartphones etc. abgeben. Das iPad lassen sie mir, obwohl da auch eine SIM-Karte drin ist.

Inhaftierte dürfen lt. Gesetz derzeit zwei Mal im Monat Besuch empfangen. Im Frauenhaus ist dies über die gesetzliche Regelung hinaus auf vier Mal im Monat ausgedehnt worden, weil der Kontakt mit der Familie als förderlich und hilfreich angesehen wird.

Das recht neue Frauenhaus (aus dem Jahr 2009) wirkt hell und freundlich. Wirklich nicht so, wie ich mir so einen Knast vorgestellt habe. Wobei mein Fotografinnen-Herz an dem alten Haus auch Freude hätte. Eine Fotoreihe von dem langsam verfallenden Gebäude, bevor es abgerissen wird, wäre sicher ein Vergnügen. Ich weiß nicht, ob man dafür eine Genehmigung bekommen kann.

In der JVA Willich 2 sind derzeit ca. 190 Inhaftierte gesamt, davon ca. 22, die die Schule besuchen.
Alter ca. 25 bis 55
Es ist möglich, hier den Abschluss der Hauptschule oder den mittleren Schulabschluss zu erwerben.
Die meisten Teilnehmerinnen der Kurse schaffen den Schulabschluss (95 Prozent).

Die Prüfungsvorschläge sind zur Bezirksregierung einzureichen (wie durchaus auch an normalen Schulen üblich.
Das Niveau ist vergleichbar mit Kursen der Volkshochschule.

Außerdem wird Deutsch als Fremdsprache im Freizeitbereich angeboten, also abends. An dem Kurs können max 20 Frauen teilnehmen.

Das Abitur oder Fachabitur kann in Köln erworben werden (Inhaftierte können dann dorthin wechseln). Schülerinnen, die weiter zu einer anderen Schule gehen, kommen im allgemeinen gut klar. Sonst gibt es wenig Vergleich mit anderen Schulen, was auch Vorteile haben kann, zum Beispiel weniger Leistungsdruck.
Nachmittags können Schülerinnen die LehrerInnen kontaktieren. Es ist immer mindestens ein/e AnsprechpartnerIn im Flur. Die LehrerInnen haben ausdrücklich auch großes Interesse, den Frauen die Angst vor Schule nehmen. Viele haben von früher schlechte Erfahrungen mit Schule. Der Anteil an Frauen ohne Schul- oder Berufsabschluss ist sehr hoch. Die Lehrer haben normal 30 Tage Urlaub. Dadurch, dass die für andere Schulen geltenden Ferienzeiten wegfallen, bleibt mehr Freiraum fürs Lernen, was ebenfalls den Druck beim Lernen für die Frauen verringert.

Natürlich kann die Arbeit dort auch schwierig sein für die LehrerInnen: Hintergründe zum Beispiel:. Nicht alle TäterInnen sind auch Opfer, aber immer mal wird man natürlich mit belastenden Hintergründen konfrontiert. Als LehrerIn ist man auch recht nach dran an den Frauen und deren Geschichten.

Interessant ist auch der Hinweis einer Lehrerin, dass Frauen aus anderen Gründen straffällig werden als Männer. Darüber muss ich mich unbedingt noch weiter informieren. Frauen werden immer wieder auch aufgrund von Abhängigkeiten straffällig.
Ansonsten ist aber auch der Anteil an Straftaten aus dem Bereich des Betäubungsmittelgesetzes und damit verbundener Beschaffungskriminalität recht hoch: 70 Prozent.

Insgesamt ist sehr viel Begeisterung von allen LehrerInnen zu spüren. Alle scheinen sehr viel Freude an der Arbeit zu haben und berichten mit viel spürbarem Herzblut davon und auch von den Frauen, mit denen sie zu tun haben.

Für mich gewöhnungsbedürftig wäre die Tatsache, dass es in JVAs kein Internet gibt für die Inhaftierten.

Theoretisch gibt es wohl eine Plattform für das Lernen in JVAs, welche von der Universität Berlin entwickelt wurde. Fast alle Bundesländer setzen diese ein, nur NRW und Bayern nicht.

Wenn man Bildung will, gehört das Internet für mich ganz selbstverständlich dazu. Insofern müssen wir uns mit der Zukunft der Bildung im Strafvollzug beschäftigen.
Wenigstens den Einsatz der Plattform halte ich auch für NRW für erstrebenswert. Das wird dann wohl ein Antrag von mir für den Landtag.

Hier die Plattform:

http://www.ibi.tu-berlin.de/projekte/elis_plattf/elis_plattf.htm

Neben der Schule gibt es diverse Arbeitsmöglichkeiten in unterschiedlichen Werkstätten für die inhaftierten Frauen. Dabei: eine Näherei, Montagehallen, eine großartige Halle für Holzarbeiten (wo z.B sehr schöner Schmuck oder Dekoobjekte hergestellt werden, die man hoffentlich bald über den „Knastladen“ auch online erwerben kann) und den Garten- und Landschaftsbau, der auch das Außengelände betreut.

Ich schätze, dass viele LehrerInnen, PsychologInnen, SozialpädagoInnen etc. eine JVA gar nicht als attraktiven Arbeitsort vor Augen haben. Ich hatte aber aufgrund der Zeit und der Gespräche dort den Eindruck, dass die Arbeit in einer JVA auch sehr spannend und erfüllend sein kann. Zum Vergleich wäre es aber sicher sinnvoll, sich eine weitere JVA anzusehen.

Zum Schluss noch eine Literaturempfehlung zum Thema von einer der LehrerInnen vor Ort:
Knast. Joe Bausch
Das lese ich als nächstes.

Fraktionssitzung 25.09.

Mal kurz meine Darstellung zur Fraktionssitzung am Dienstag. Für Twitter ist das dann irgendwie doch zu lang.

Ich ärgere mich durchaus ein wenig über mich, weil ich nicht klar Stellung bezogen habe in der Angelegenheit.

Da ich beim Nichtraucherschutzgesetz eine andere Meinung als die Mehrheit (und die Basis) vertrete und auch beim Gesetz entsprechend abstimmen werde, halte ich mich aus den Aktionen heraus. Ich bin nämlich für das Gesetz. Bei dem Antrag von Dienstag habe ich mich deshalb enthalten. (Ich will und kann niemanden abhalten, Anträge zu stellen.) Schlecht war eventuell, dass ich mich auch bei der Abstimmung, ob das öffentlich diskutiert werden soll, enthalten habe. Ich war unsicher, weil die Mehrheit sich so sicher war, dass das sein muss. Ich bin nicht für so taktische Spiele, hatte aber nicht den Mut und die Nerven, mich dagegen zu äußern. Der Umgangston gelegentlich in der Fraktion hat mich auch etwas zermürbt, so dass ich vielleicht zu oft einfach nichts mehr sage.

Hinzu kam, dass es wohl technische Probleme mit dem Internet/dem Stream gab. Inwiefern die lösbar gewesen wären, kann ich nicht beurteilen.

Dass es kein Protokoll von dem Teil gibt, wusste ich nicht. Das finde ich auch sehr ärgerlich. Dies hatte ich bereits bei der Diskussion zur Steuer-CD kritisiert.

Ich denke, wir werden hoffentlich daraus lernen. Ich sehe, außer bei Personalfragen, kaum Grund für nicht öffentliche Teile.

Rehabilitierung verurteilter homosexueller Menschen – die erste Rede

Die erste Rede im Plenum

Antrag:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-812.pdf

Unten das, was auf der Seite der 20 Piraten steht. Wörtlich stimmt das nicht. (Text reiche ich nach, wenn er online ist.) Ich hatte frei geredet und noch kurz auf die Diskussion über Homosexualität aufgrund des durchs Internet geisternde mögliche Interview eines Fußballprofis hingewiesen. (Anmerkung: Unabhängig von der Frage, ob das Interview echt ist, sehe ich gerade im Fußball durchaus das Problem von Homophobie. Das zeigt sich auch in diversen Kommentaren zu dem Thema.)

„Es ist unstrittig, dass der Antrag zur Rehabilitierung verurteilter homosexueller Menschen gut ist. Einzig zu kritisieren ist die Zeit, die es bis zu einer solchen Initiative seit Abschaffung des Paragraphen 175 gebraucht hat. Das war definitiv zu lang. Aber in dem Fall gilt: besser spät als nie. Ein Ende der Kriminalisierung bedeutet aber nicht automatisch ein Ende der Diskriminierung. Paragraph 175 hat mehrere Generationen in ihrer Einschätzung von Homosexualität beeinflusst. Ministerpräsidentin Kraft hat gestern in ihrer Regierungserklärung darauf hingewiesen, dass es auch Aufgabe von Politik ist, sich gegen Homo- und Transphobie zu positionieren. Ich sehe das ähnlich und hoffe, dass ich für alle Piraten sprechen kann, wenn ich sage, dass wir es als unsere Aufgabe ansehen, für die Akzeptanz unterschiedlicher Lebensmodelle zu kämpfen.“

Man ahnt aber nicht, wie nervös man sein kann bei so einer Rede 😉 (Das ist echt eine andere Hausnummer als Klassen, Schulveranstaltungen und auch Parteitage.) Vielleicht liegt es etwas an dem förmlichen Rahmen, den Anreden und der Atmosphäre. (Ich war sogar zu panisch, um den Knopf für die Höhenverstellung zu suchen. (Und Moni meint, ich hätte zu breitbeinig gestanden 😉 (Überreste vom Reiten oder vom Karate? Sicheren Stand suchen in einer unsicheren Situation….)) Ich finde es auch noch sehr befremdlich, dass so viele Leute um einen herum reden, arbeiten, rumlaufen, einem den Rücken zuwenden etc. Daran werde ich mich gewöhnen (müssen).

Mein Besuch im Trebe Café

Auf der Suche nach Möglichkeiten, mein Geld aus der Tätigkeit als Landtagsabgeordnete sinnvoll unterzubringen, bin ich bei betterplaces.org recht zufällig auf diese Einrichtung gestoßen: http://www.betterplace.org/de/projects/73-trebecafe-fur-obdachlose-madchen

Hier deren Homepage: http://www.trebe-cafe.de/

Ich habe sehr spontan eine Mail an die Leiterin der Einrichtung, Frau Wenzel, geschrieben, weil ich mir gerne ein Bild vor Ort machen wollte. Letzten Mittwoch war ich nun dort. (Ich habe aber den Text Frau Wenzel vor Veröffentlichung gezeigt. Deshalb dauerte es etwas.)

Vorab: Ich bin sehr berührt. Ich musste immer mal während des Gesprächs gegen Tränen kämpfen, weil mir nahe kommt, worüber wir dort gesprochen haben.
Frau Wenzel hat sich sehr viel Zeit genommen für mich. Sie hat mir das Haus gezeigt, aber auch ein wenig erzählt von den Mädchen und jungen Frauen, die dorthin kommen. Obdachlose Mädchen, teilweise sehr jung, in vielen Fällen mit schrecklichen Erfahrungen. Opfer von Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt. Drogensüchtige. Junge Frauen, die am Rande unserer Gesellschaft leben (müssen). Die, bei denen sonst gerne weggesehen wird.

Die meisten davon brauchen Raum, Zeit, um sich zu fangen, um sich zu entwickeln. Mehrere haben obdachlos Abitur gemacht! Es ist also nicht so, dass sie nicht wollen, wie gerne behauptet wird. Die Drogen sind ein Problem, aber weit mehr die verdreckten Drogen und der Kampf um deren Beschaffung, einschließlich Prostitution.

An dieser Stelle muss es auch immer wieder um Legalisierung von Drogen gehen. Warum? Weil die Kriminalisierung alles noch schlimmer macht. Menschen, die Drogen brauchen, bekommen diese. Irgendwo. Mit all den Folgen, die eine Legalisierung mildern könnte.

Das Trebe-Café bietet den Mädchen den benötigten Raum für ein paar Stunden. Raum zum Baden, Duschen, Umziehen. Raum zum Essen, Reden, Aggressionen abbauen oder für Nähe. Raum, um zur Ruhe zu kommen. Um wieder zu wenigen Menschen ein wenig Vertrauen aufzubauen. Theoretisch wäre auch Raum vorhanden, um mal dort übernachten zu können. Hierfür fehlt aber leider auch Geld für Betreuung. Gerade nachts können all die Dämonen zurückkommen, die einen verfolgen. Dafür braucht es dann Ansprechpartner, die derzeit nicht bezahlt werden können.

Ich habe es als sehr gemütlich, sauber, freundlich empfunden im Trebe-Café. Man sieht gleich, dass viele Menschen da viel Herz hineinstecken mit Arbeit, Spenden, Hilfe.

Ich habe es immer gut gehabt im Leben. Einen vollen Kühlschrank. Eine Mutter, die viel gearbeitet hat, um mir ein schönes Leben zu ermöglichen. Weg von den Abgründen bin ich trotzdem nicht immer gewesen. Ein sehr sensibler Mensch aus meinem Freundeskreis hat sich mit Heroin umgebracht. Ich habe viel gesehen. Letztendlich habe ich immer die „richtigen“ Entscheidungen getroffen. Nichtsdestotrotz weiß ich, welche Emotionen einen in welche Desaster stürzen können. Auch aus eigener Erfahrung. Ich bin manchmal so dankbar für mein kleines, bescheidenes Leben, dass ich gerne etwas zurückgeben möchte. Und zwar gerade für die Menschen, für die es nicht so rund läuft.

Ich habe meine Arbeit als Lehrerin, auch als Beratungslehrerin, geliebt. Vor allem eben auch den Umgang mit den „schwierigen“ Menschen. Wie viel bekommt man zurück, wenn man sich Zeit nimmt für die Geschichten dahinter….

Ich möchte meine Arbeit im Landtag sinnvoll nutzen. Ich möchte an Stellen helfen, wo es wirklich Not gibt. Vielleicht interessiert mich deshalb die Diskussion über die Steuer-CD gerade nicht so, weil ich mich eher bei den Menschen sehe. Bei denen, die es schlechter haben als ich. Das mag ein Tropfen auf den heißen Stein sein und es gibt endlos viele Projekte, für die man sich engagieren kann, aber irgendwo kann ich vielleicht anfangen, etwas zu bewirken. Und sei es „nur“, zuzuhören. Ich möchte den Kontakt nicht verlieren zum „echten“ Leben. Zu den Menschen auf der Straße mit richtig existentiellen Problemen.

Ich weiß, die Bundespartei braucht auch dringend Geld. Trotzdem habe ich derzeit mein freies Geld lieber in solche Projekte gesteckt. Darüber muss ich nochmal nachdenken und werde es an anderer Stelle gerne diskutieren.

Zurück zum Trebe-Café: So eine Einrichtung bekommt Geld von der Stadt. Trotzdem fehlt es an allen Ecken. Es gibt einige Kräfte, die bezahlt werden. Ein großer Teil der benötigten Mittel wird aus Spenden generiert. Das können auch Kleinigkeiten sein: Kleidung für die Mädchen zum Beispiel. Derzeit fehlt leider auch das Geld für eine Kunsttherapeutin. Hier wäre auch eine ehrenamtliche Tätigkeit denkbar. Vielleicht kennt jemand von euch jemanden…. Manchmal hilft da dieses Internet doch weiter;-)

Weiterhin ist eine solche Einrichtung mit unendlich viel Verwaltungsmist beschäftigt. Ich möchte an der Stelle zumindest mal mit der Arge kommunizieren. Es wäre einfacher für die Mitarbeiter der Einrichtung, wenn sie eine feste Ansprechpartnerin hätten, die ihnen die Zeit des Wartens vor Ort ersparen könnte mit festen Sprechstunden direkt in der Einrichtung. Gerade die Zeiten der Angestellten der Einrichtung kosten ja richtig viel und so könnte deren knappe Zeit besser für andere wichtige Tätigkeiten für die Mädchen genutzt werden.

Wie soll es weitergehen:
Ich werde eventuell mal mit der Streetworkerin nachts mitgehen dürfen. Dort mitzubekommen, was nachts in der Stadt passiert, würde ich als bereichernd empfinden. Sicherlich kann das auch belasten, aber ich will nicht wegsehen. Das tun schon zu viele….

Frauenpolitik

Ich bin da so hineingeraten. Ist ja nicht unbedingt ein Thema, was bei den Piraten -zumindest in NRW- wirklich bearbeitet wird. Ich fühle mich da ziemlich alleine. Es wird also deshalb eher ein persönlicher Artikel. Es besteht zudem die Gefahr, dass ich diverse Themen vermische. Ich bitte, das zu entschuldigen. Es ist mehr mein Brainstorming zum Thema. Stream-of-consciousness. Kommentare zum weiteren Nachdenken ausdrücklich erwünscht. Und Hilfe. Und Unterstützung. Und Geduld. Und Flausch. Was immer ihr so anbieten könnt.

Ich ertappe mich durchaus dabei, wie ich mich darüber ärgere, dass das Thema Frauenpolitik mehrfach auf der Seite der Fraktion schlicht vergessen wird, sei es bei Ausschreibungen oder bei den Sprechern. Es gibt mir immer wieder das Gefühl, das sei ja nicht so wichtig.

Ich fühle mich zudem wirklich unsicher. Ich habe Berge von feministischer Literatur hier liegen und gerade mal angefangen, zu lesen. Wie viel Hintergrundwissen muss ich denn jetzt haben, um überhaupt eine fundierte Aussage machen zu können, bei der ich nicht gleich zerrissen werde?

Ich fürchte, ich habe viele Begriffe gar nicht so drauf, wie ich müsste.

Ich diskutiere an diversen Stellen und mir wird vermittelt, dass ich da etwas falsch mache. Zum Beispiel bei der Diskussion mit @riotmango über das Privileg von Heteros, in der Öffentlichkeit knutschen zu können, ohne dass man blöd angelabert/diskriminiert wird.

Ich gebe zu, in den meisten Jahren meines Lebens habe ich alle Privilegien, die ich habe, wirklich wenig hinterfragt. Erst einmal habe ich ja auch den gesellschaftlichen Normen entsprochen. Ich habe zu Beginn heterosexuelle mononormative Beziehungen geführt. Sogar über viele Jahre. (Bis ich ausgebrochen bin aus dem Muster, was ich selber als sehr schmerzhaft empfunden habe und mein damaliger Freund vermutlich noch mehr.) Vieles davon, weil ich es nicht besser wusste. Weil ich zwar ein Gefühl davon hatte, dass ich da nicht reinpasse, aber es hat Jahre gebraucht, bis ich zum Beispiel das Selbstbewusstsein hatte, offen polyamor zu leben. (Und rede mal über sowas in einer durchschnittlichen Schule im Münsterland.) Es gibt auch durchaus Gründe, warum homosexuelle Lehrer sowas nur sehr selten öffentlich machen oder warum manche Bekenntnisse zu sexuellen Präferenzen (nehmen wir mal was aus dem Bereich BDSM), weil sie eben nicht wirklich gesellschaftlich anerkannt sind, zu Diskriminierung oder gar Konsequenzen im Beruf führen können.

Ich fürchte, bei vielen Männern ist das noch gravierender, dass sie schlicht nicht nachdenken (wollen?) über die Vorteile, die ihnen ausschließlich aufgrund der Tatsache, dass sie als weißer, heterosexueller Mann geboren wurden, zukommen. Darüber zu schreiben, maße ich mir aber an dieser Stelle nicht an. Schließlich schreiben darüber viele Feministinnen wirklich so viel besser. Ich würde mir aber wünschen, dass mehr Männer wirklich mal ernsthaft darüber nachdenken und solche Gedanken nicht gleich als sinnfrei wegwischen. Ja. Das tut vielleicht weh.

Wann ist man eigentlich Feministin?

Ich mochte Feminismus früher nicht wirklich als Begriff. Ich habe mich nie mit Alice Schwarzer identifizieren können und die Emma ist mir suspekt gewesen. Ich habe mich darin nicht wiedergefunden. Ich möchte meine Art von Sexualität leben dürfen, ohne dass Feministinnen mir sagen, was man darf und was nicht. Ich habe Pornos geguckt und dabei Erregung empfunden. Sogar welche mit gefesselten Frauen. (Dass es bessere Pornos geben könnte, müssen wir aber hier nicht diskutieren.)

In einer Partei wie jetzt bei den Piraten sehe ich aber zunehmend die Notwendigkeit einer modernen Form von Feminismus. Während Männer meistens sachbezogen diskutieren (auch mal härter), hatte ich als Frau auch immer wieder den Eindruck, dass ich nicht mit Argumenten angegriffen wurde, sondern als Frau. Twittert mal von einer frauenpolitischen Veranstaltung. Da dauert es keine 10 Min. bis irgendein Idiot mit einer Bemerkung kommt, dass mich ja nur mal jemand richtig flachlegen müsse, um mir das auszutreiben.

Als Frau wird man nett aufgenommen bei den Piraten. Bis man eine Meinung vertritt, die von der Parteimeinung abweicht. Sei es damals im legendären Crew-KV-Streit. Oder heute, wenn man sich wegen Rassismus, Sexismus oder anderen strittigen Themen positioniert. Ich bin dadurch sicher etwas abgehärtet. Am Anfang haben mich Aussagen wie „Ich habe Dich nicht gewählt, damit Du den Mund aufmachst.“ wirklich getroffen.

Nein. Ich bin nicht immer stark. Auch ich kann nicht jeden Angriff in diesem Internet oder face-to-face einfach wegstecken. (Wobei sich das im Meatspace wirklich weniger Menschen trauen als in diesem Internetz.)

Schlimmer als diese Aussagen ist aber bei all diesen Themen die schweigende Mehrheit, die das mitbekommt, aber den Mund hält. Dann geht es eben nicht mehr um Einzelfälle, sondern um eine Mehrheit, die sich zurückhält, wenn es um Diskriminierung, Rassismus, Sexismus etc. geht. Das macht mir wirklich Sorgen in dieser Partei. Das Problem ist: Das geht nicht weg, wenn wir es ignorieren. Ich kann es nicht mehr hören und sehen, dass Menschen, die rassistische/sexistische/diskriminierende Aussagen machen, als Trolle verharmlost werden. Den Mund zu halten, hilft hier eben nicht. (Im Moment habe ich zudem (das rein subjektive) Gefühl, es werden eher wieder mehr. Nein. Es sind keine Einzelfälle. Auch die Behauptung, das wäre so, macht nichts besser.)

Vermutlich fühle ich mich irgendwie als Feministin. Weil ich es leid bin. Weil ich zumindest anfange, zu hinterfragen, was in unser Gesellschaft (und ja, auch in unserer Partei) alles falsch läuft. Und ich werde eure Hilfe brauchen, um wirklich etwas zu verändern.

Ich sehe es zudem als mein Privileg, dass ich mich mittlerweile zu meinen sexuellen Präferenzen bekennen kann und dass ich z.B. polyamor leben kann. In diesem Privileg steckt für mich auch eine Verpflichtung. Für die Anerkennung von unterschiedlichsten Lebensformen zu kämpfen, weil eben auch in Deutschland nicht alle Menschen aufgrund von Abhängigkeiten, die Möglichkeit haben, ihre Modelle offen zu leben und kommunizieren zu können, ohne diskriminiert zu werden. (Was mich weiterhin auch zu meinem zweiten Bereich bringt: Zur Bildungspolitik)

Und da haben wir das nächste Problem: Nehmen wir mal an, wir mit ähnlichen Zielen und Ideen wollen diese Themen in die Gesellschaft tragen und nicht nur in unserer Filterbubble diskutieren. Wie funktioniert das? Vermutlich nur mit viel Frustrationstoleranz. Mit viel Geduld. Mit unendlichen Diskussionen. Aber vor allem, indem wir einander den Rücken stärken. Hoffe ich….

Insofern verstehe ich den Ansatz von @Yetzt und @Sanczny (http://sanczny.wordpress.com/2012/07/24/kussen-verboten-kiss-kiss-bang-bang-oder-critical-hetness/) allerdings mit folgenden Anmerkungen:
Ich kann nachvollziehen, dass @Riotmango und auch die Verfasser des genannten Textes Solidarität erbitten für die Menschen, die eben nicht offen knutschen können, ohne Bemerkungen und Angriffen ausgesetzt zu sein. Wie ich oben schon schrieb, ist es sinnvoll, diese Privilegien von Heterosexuellen zumindest bewusst zu machen. Allerdings nehme ich an, dass das langfristige Ziel nicht nur Solidarität ist und eine Veränderung der Normen in der Gesellschaft wird m.E. nicht dadurch erreicht, dass wir solidarisch nicht mehr in der Öffentlichkeit küssen (weil die Menge der Menschen nicht relevant genug ist, die dabei mitmacht und damit die Erkenntnis in der Gesamtbevölkerung ausbleibt.) Ein Nichthandeln wird eben nicht wahrgenommen.

Statt ein wenig arrogant darüberzubügeln, werden wir mit den Menschen ins Gespräch kommen müssen, die diskriminieren und vielleicht deren Ängste, deren Bedürfnisse, deren fehlende Aufklärung aufgreifen müssen. Das kann sein, indem man offen Stellung bezieht. Das sollte sein, dass man bei Diskriminierung nicht schweigt, sondern einschreitet. Und ebenso sollte das Aktionen beinhalten, die langfristig etwas verändern, zum Beispiel Aufklärungskampagnen und Diskussionen in Schulen und Jugendzentren.

Letztendlich geht es allen Menschen darum, anerkannt und respektiert zu werden.