Gegensätze ziehen sich eben nicht immer an. Schon gar nicht bei einer Partei….
Die Piratenpartei ist nach meiner Wahrnehmung eine Partei voller Widersprüche.
Beispiele:
Forderungen nach sowas wie einem „Imperativen Mandat“ vs. Freiheit des Individuums und „Denk selbst“
(In gleicher Ecke: Das Bashen anderer Parteien wegen „Parteisoldaten“)
Der Vorstand soll keine Aussagen zu Themen machen (Basisdemokratie – steht allerdings m.E. nirgendwo im Programm/der Satzung) vs. Ablehnung der ständigen Mitgliederversammlung smv
Das Spannungsfeld (neo)liberal vs. Ausrichtung nach „links“
Unser Menschenbild ist in der Gesellschaft (und sogar in der Partei?) zu unklar – Für mich wäre an der Stelle zum Beispiel wichtig zu klären: In welcher Gesellschaft wollen wir in 20 Jahren leben? Welche Folgen hat das für Arbeit/Einkommen/Rente? Wie sollen unsere Kinder lernen? Was brauchen unsere Kinder für die Zukunft? Wie verändert ein BGE eine Gesellschaft? Wie soll Arbeit aussehen? Welche Veränderungen bringt Technik mit und wie können wir die Innovationen für die Gesellschaft nutzen? Wie gehen wir mit der Angst vor Veränderung um? Wie sieht unsere Vision von Gesellschaft aus? (Und wie wollen wir dahin kommen?)
Die Open Mind in Kassel hat zumindest für mich in den letzten Jahren ein paar Ansätze zum Menschenbild gebracht. Ich bin nur nicht sicher, ob sich diese genügend im Programm wiederfinden.
Besitzstandswahrer vs. Innovatoren
Anpassen vs. radikal sein/bleiben wollen
An Wählerstimmen ausrichten vs. Überzeugungen leben (Ok. Wenn wir das ernsthaft diskutieren, bin ich hier vermutlich falsch….irgendwo muss es eben auch um Haltung/Rückgrat gehen.)
(In NRW war es über eine lange Zeit der Streit Crews vs. KVs)
Blöde dabei ist, dass in fast allen Bereichen ein ganz gruseliges Schwarz-Weiß-Denken vorherrscht. Grau gibt es da quasi nicht. Bist Du nicht Freund, bist Du gleich Feind. Für alle Zeiten…. (Und dann geht der Streit auch schnell sehr unschön und verletzend unter die Gürtellinie…)
Wie viel Einigkeit besteht überhaupt darin, wo wir hinwollen? (Vielleicht sind die Widersprüche auch einfach zu groß….)
Stellen wir mal positiv fest: Die Piraten sind eine sehr heterogene Gruppe mit ganz unterschiedlichen Menschen mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten. Vielleicht ist es ein wenig so, wie bei einer (sehr großen) Schulklasse. Alle wollen respektiert werden und nun müssten wir es noch schaffen, dass alle ihre persönlichen Stärken auch irgendwie und irgendwo sinnvoll einbringen können. Ich fürchte, ein Aufruf zu mehr Geschlossenheit alleine wird da kaum helfen….
Zitat aus der Satzung: „Sie vereinigt Piraten ohne Unterschied der Staatsangehörigkeit, des Standes, der Herkunft, der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung und des Bekenntnisses, die beim Aufbau und Ausbau eines demokratischen Rechtsstaates und einer modernen freiheitlichen Gesellschaftsordnung geprägt vom Geiste sozialer Gerechtigkeit mitwirken wollen. Totalitäre, diktatorische und faschistische Bestrebungen jeder Art lehnt die Piratenpartei Deutschland entschieden ab.“
Das müssen wir dann auch mal so leben und zwar sowohl den ersten Teil (beinhaltet für mich auch entsprechenden Umgang miteinander) und auch den zweiten Teil (entsprechende Äußerungen klar ablehnen und auch wirklich und glaubwürdig mit Konsequenzen versehen).
Wir können nur ein Menschenbild verkörpern und auf eine zukünftige Gesellschaft hinarbeiten, die wir auch selber als Vorbild zu tragen bereit sind.
Neben dem Problem, wie wir uns auf gemeinsame Linien einigen sollen (das Diskutieren auf Mailinglisten hilft ganz offensichtlich nicht so richtig, Parteitagsbeschlüsse alleine helfen auch nicht), bleibt dann noch die Frage, wie wir unsere Ideen sinnvoll weitertragen.
Vielleicht kann mich Gunter Duecks neues Buch (Das Neue und seine Feinde) weiterbringen in meinen Überlegungen, wie Innovation in die Welt (und eventuell in die Parteienlandschaft) kommen kann….