Ich mache hier mal den bösen, ketzerischen, nachdenklichen Part.
Im Landtag NRW ist gerade der Jugendlandtag beendet worden. Mehrere Tage lang haben Jugendliche dort Politik nachempfunden, Anträge erarbeitet, Debatten geführt, abgestimmt usw.
Ich war nicht vor Ort. Das hatte unterschiedliche, größtenteils private Gründe. Insofern gebe ich zu, ich habe große Teile nur über das Netz verfolgt. Mir fehlen daher Eindrücke. (Nächstes Jahr möchte ich das wieder anders handhaben und lieber vor Ort diskutieren.)
Trotzdem stellen sich mir viele Fragen:
Was sind das für junge Menschen, die dort zum Jugendlandtag kommen?
Wie viele junge Männer und junge Frauen gibt es dabei? Ist die Verteilung besser als beim normalen Landtag? (Die Verteilung bei den Fraktionsvorsitzenden im Jugendlandtag lässt da eventuell falsche Schlüsse zu. Das sind nämlich nur männlich wahrnehmbare Personen.)
Was ich sonst noch so wahrnehme: Es sind (nach westlicher Norm) gut aussehende, schlanke, gebildete (größtenteils weiße) Menschen.
Wen repräsentieren die jungen Menschen da? Was ist das Motiv, dort mitzumachen? Welchen Bildungshintergrund haben diese Menschen? Wie viele davon sind beispielsweise von einer Hauptschule? Wie viele haben Erfahrung mit Diskriminierung?
Ich finde die Idee der Veranstaltung toll. Aber so von außen betrachtet, beschleicht mich das Gefühl, dass dort eben nicht ein Querschnitt der Menschen aus diesem Land steht, sondern, wie in der normalen Politik leider auch, eine mit Privilegien ausgestattete Elite.
Das obdachlose Mädchen am Bahnhof betrifft das nicht. Für sie ist das nichts. Wäre sie da überhaupt erwünscht? Was ist mit all den Menschen? Wo binden wir sie ein in politische Entscheidungen? Wo reden wir mit Betroffenen? Und wo wird über ihre Köpfe hinweg entschieden?
Und wieso muss da die Nationalhymne gesungen werden?
Ich bleibe ein wenig ratlos zurück an meinem Bildschirm…