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Wohlstand, Kapitalismus, Menschenbild?

Ein paar noch nicht vollständig sortierte Stichpunkte zum Weiterfragen, Weiterdiskutieren etc.

Konkurrenz. Karriere. Menschen als Ressource scheint mir in Argumentationen sehr stark in Norwegen. (Deshalb Frauenquote, Förderprogramme, Familienpolitik etc. 
Argumentation auch bei Geflüchteten, Facharbeiter*innen benötigt, deshalb finanzielle Unterstützung mit Bedingungen, z.B. Sprachkurse. Kaum Argumentation über Humanität. Gefühlt recht wenig Verständnis für Armut, Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit)

Alles für die Wirtschaft. Wirtschaftswachstum. Aus wirtschaftlichen Gründen. 

Was ich recherchieren muss: Gibt es Kritik daran in Norwegen? Gibt es Studien, wie das Menschenbild, das Bild von Gesellschaft sich ändert mit mehr oder weniger Wohlstand in unterschiedlichen Ländern? 

Beliebt in unserer Wohlstandsgesellschaft: Treten nach unten. Die Konkurrenzgesellschaft abfeiern. Die Sarrazins und Ronja von Rönnes. Der medienwirksam Ekel vor „Gutmenschen“, Lob den Ellenbogen als wahre Emanzipation. Das Verletzen von Menschen als mutig verkaufen. Ich weiß gar nicht. Aus Überzeugung? Weil sowas medial gut läuft in Zeiten von AfD und Pegida? 

Sind das Kulturunterschiede? 

Beispiel Reise Syrien/Irak: Kriegsgebiet, viele Termine, trotzdem Wohlfühlen sehr wichtig (überall gab es viel Essen, immer Tee/Kaffee, immer Fragen, ob es uns gut geht, ob wir duschen wollen etc.) Solidarität ist dort wichtig. Versorgung aller wichtig. Sozialismus als Vorstellung sehr präsent. Beispiel: Es sollen keine einzelnen Menschen von Öl profitieren, sondern Gemeinschaft. 

Reise Norwegen: Hintergrund natürlich anderer, aber der Wohlfühlfaktor ist gering. Effektivität wichtig. Beispiel: 1. Tag. Alle nachts losgefahren. Kein Essen bis zum spätem Nachmittag.  

Ausnahme: letzter offizieller Termin. Unternehmerinnen: Tischdeko, Bewirtung, Freundlichkeit, Gastfreundschaft 

Ich merke für mich, was mir gut tut. Was mir nicht mehr gut tut. Ich weiß nicht, ob mir dies überhaupt aufgefallen wäre, wenn ich nicht in der linken Szene gelandet wäre. Wenn ich nach meinem Wirtschaftsstudium in irgendein großes Unternehmen gegangen wäre. Ich habe das Glück, ein Gefühl dafür entwickeln zu dürfen, was an Alternativen möglich wäre. Es tut mir immer ein wenig weh, wenn ich sehe, wie wenig Horizont viele Menschen haben. Wie sie ihr Hamsterrad lieben. Ich verzweifele lieber ab und an an der Gesellschaft.

„Verlern es, Dich zu fügen…“

(Erich Mühsam)

Derletzt ergab sich via Twitter eine Diskussion über Anarchismus/Anarchie. Ich versuche mal, das ein wenig zusammenzufassen.

Aufhänger der Diskussion war unter anderem dieser Text:

„Sind Sie Anarchist?“

Im Laufe der Diskussion twitterte ich (wohl etwas zynisch):

„Die Anarchie ist leider daran gescheitert, weil niemand das Klo putzen wollte.“

(weil als Gegenargument eingebracht wurde, dass Anarchie schon im Kleinen, also in einer Wohngemeinschaft beim Aufräumen der Wohnung nicht funktionieren würde. Wer putzt freiwillig die Küche? Das Klo? Immer? Oder nur manchmal? Wie gut funktioniert der Putzplan? Woran scheitert es? (Unterschiedliche Bedürfnisse bezüglich der möglichen oder nötigen Hygiene?))

Sagen wir also mal rein theoretisch, wir lösen das Problem in der WG basisdemokratisch:
Skaliert das? Klappt das, wenn es im Kleinen klappt, auch im Großen? In einem Dorf? In einer Stadt? In einem Land? Und weil ich ja eigentlich Lehrerin bin: Ist zum Beispiel Schule in Anarchie denkbar?

Es geht um Selbstorganisation, um Selbstbestimmung.
Sind „shared spaces“ (also durchaus erfolgreiche Konzepte im öffentlichen Raum zur gemeinsamen Nutzung von Straßen etc. ohne Vorschreiben von Regeln) schon Anarchie?

Es geht um echte Demokratie. Nicht nur alle vier/fünf Jahre mit dem Weg zur Wahlurne, sondern um Demokratie, in der gemeinsam, gemeinschaftlich die Mitmenschen im Kleinen und im Großen an Entscheidungen beteiligt. An allen Entscheidungen? Wollen Menschen das überhaupt? Ist es nicht viel einfacher, zu leben, wenn man nicht alle Entscheidungen selber treffen muss? Wenn man nicht ständig alle Positionen aushandeln muss? Wollen Menschen, dass ihnen jemand sagt, was sie tun sollen?

Es geht um Fehlen von Hierarchien/von Macht.
Ist Macht/Hierarchie nötig, um Menschen zu kontrollieren?
Oder führt Macht (und Ohnmacht) erst dazu, dass Menschen verantwortungslos handeln?

Ist mein Menschenbild zu positiv, dass ich überhaupt über Anarchismus/Anarchie nachdenke?
Sind Menschen von Natur aus gut oder schlecht?

Menschen haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse? Aber Respekt, Sicherheit, Selbstverwirklichung, Freiheit, Selbstbestimmtheit etc. wollen alle Menschen. Völlig unabhängig von deren Geschlecht, Arbeit, Einkommen. Unabhängig vom Land, in dem sie leben. Gefühlt ganz viele Menschen sind unzufrieden. Mit ihrem Leben. Manchmal diffus. Manchmal aber auch aufgrund ganz offensichtlicher Ungerechtigkeiten und aufgrund unterschiedlicher Chancen. Das ist in Deutschland schon so. Noch schlimmer wird es, wenn man weltweit guckt. (Die Wahlergebnisse der Bundestagswahl scheinen das aber nicht widerzuspiegeln. Berufen sich Menschen in „unsicheren“ Zeiten eher auf Regeln/Normen, neigen also eher zu konservativer Wahl? Wäre nicht das Gegenteil hilfreicher, macht aber mehr Angst?)

Überhaupt geht es vermutlich ganz vielfach um Angst. Angst vor Veränderung. Angst vor Verlust.
Vielleicht geht es auch um Fehlen von Phantasie?

Bemerkt wurde dann in der Diskussion über Anarchismus/Anarchie weiterhin: „Es funktioniert mit den richtigen Leuten.“ Nur dann? Was sind „richtige Leute“?
(Und die Bedenken erinnern mich an Diskussionen um freiere Konzepte in Schulen, in denen dann gerne schnell gesagt wird, dass das mit „unseren“ Schüler*innen nicht gehe… (was woanders funktioniert…))

Wie viele Arschlöcher/Ellenbogentypen verträgt Anarchie?
(Gibt es die „Ellenbogentypen“ generell? Oder entstehen diese erst „im System“? Sind Menschen zu Altruismus fähig?)

Ziemlich sicher ist: Menschen müss(t)en lernen, ohne Macht/ohne Hierarchien zu leben, ihr Leben, ihre Gesellschaft zu organisieren. Das kann man versuchen im Kleinen und irgendwann auf das Große übertragen. Hoffe ich. Weil ich es als erstrebenswert erachte…

Wäre die Piratenpartei nicht im Kern eine Partei, die genau diese Fragen stellen und etwas in der Art anregen, ausprobieren, testen, weiterführen müsste? Oder ist da eine Partei schon der falsche Ansatz, weil ja Parteien Teil eines Systems sind, was dann überholt wäre, wenn Anarchie funktionieren würde. Kann man noch wählen gehen, wenn man darüber nachdenkt, ob es nicht noch bessere, demokratischere Systeme geben könnte oder legitimiert man damit ein System nur unnötig?

Und nun sagen wir mal, so rein theoretisch, wir wüssten in einer großen Menge von Menschen, was wir wollen als Ziel. In welcher Art von Gesellschaft wir leben wollen. Wie kommen wir dann dahin?

Vielleicht ist es ein Anfang, Macht/Hierarchien zu hinterfragen…

Es sind mehr Fragen geworden als Antworten. Ich bin noch relativ am Anfang mit meinen Überlegungen.

Ich bin deshalb sehr gespannt auf zum Beispiel diese kommende Veranstaltungsreihe zum Thema:

Zeit für Plan A

„Das Leben schwindet oder weitet sich aus im Verhältnis zu dem eigenen Mut.“
Anäis Nin

Oh. Ein lustiger Test: Anarchomat
(100 Prozent 😉

Open Mind 2013

Vom 23.-25. August kommen zum vierten Mal Netzphilosoph*innen, Aktivist*innen, Sympathisant*innen und Kritiker*innen der Piratenpartei zur openmind-Konferenz in der Jugendherberge in Kassel zusammen. Unter dem Motto „Challenge accepted“ wird in Vorträgen, Workshops und einem Barcamp über politische und gesellschaftliche Visionen für die vernetzte Welt diskutiert.

Die breite Themenauswahl geht von der Wirksamkeit von Politik oder der Veränderung der Demokratie über die Wirkung von Sprache, über Cyborgs, #aufschrei, Demonstrationen bis zum Anarchismus und bietet daher erstmals in drei Räumen parallel unterschiedlichste Ansätze, die mögliche Gestaltung der Gesellschaft innerhalb und außerhalb des Netzes zu diskutieren.

Die Veranstaltung ist wie die letzten Jahren bereits im Vorfeld ausverkauft. Die Konferenzbeiträge können aber natürlich live im Internet verfolgt werden.

Pressevertreter*innen sind Samstag herzlich willkommen. Wir bitten um Anmeldung unter 0177/7792284.

Link zum Programm: https://pentabarf.junge-piraten.de/fahrplan/om13/
Den Stream finden Sie am Samstag und Sonntag auf der Homepage der openmind: http://13.openmind-konferenz.de/live/