Archiv für den Monat: November 2018

Unpolitisch?

Facebook (nein, jetzt hier gerade mal keine Diskussion über die Plattform wegen Datenschutz etc.) ist ja, mehr noch als andere Plattformen, ein Quell der Freude für politisch interessierte Menschen. (Ich wollte doch nie zynisch werden…aber es sind schwierige Zeiten.)

Aus Gründen bin ich dort in mehreren Gruppen für Menschen mit Behinderungen. Selbst dort tummeln sich seit einiger Zeit zunehmend Menschen mit Profilen, auf denen man diverse Verschwörungstheorien, AfD-Propaganda, Rassismus, Sexismus etc. finden kann. Wenn man denn mal hingucken möchte. Denn leider ist ein recht großer Anteil der dort aktiven Menschen gerne „unpolitisch“. Auch Admins löschen dann mitunter meine Hinweise auf solche Profile und verwarnen mich.

Mich macht das wütend. In Zeiten eines offenen Rechtsrucks halte ich es für eine, gerade bei von Diskriminierung betroffenen Menschen, höchst problematische Einstellung, sich als „unpolitisch“ oder gar als offen bekennend rechts zu positionieren.

Vielleicht ist es die Hoffnung, irgendwie nicht getroffen zu werden, wenn man jetzt nur brav mitspielt beim Treten nach unten, falls eine Partei wie die AfD mal an die Macht kommt. Ich möchte euch diese Hoffnung nehmen. Denn sie ist gefährlich.

Illusion Nummer 1: Versuchen, sich rauszuhalten aus politischen Diskussionen.

Es gibt kein „unpolitisch“. Unpolitisch bedeutet, Opfer von Rassismus, Sexismus, Antisemitismus etc. unter den Bus zu werfen und Täter ungehindert agieren zu lassen sowie diese zu bestätigen.

Illusion Nummer 2: Wenn ich nur mit nach unten trete, werden die Nazis mich verschonen. Und sei es nur beim Verteilen von sozialen Leistungen.

Geht es hier um Konkurrenz um Gelder, bei denen man irgendwie hofft, mehr abzubekommen, wenn man gegen Menschen Stimmung macht, die noch weniger haben?

Die AfD hat recht deutlich gemacht, wie sie zu Menschen mit Behinderungen steht. Es gab zum Beispiel eine Anfrage im Bundestag diesbezüglich. Hier mal ein Artikel dazu: https://www.bento.de/politik/afd-anfrage-zu-behinderungen-sozialverbaende-protestieren-a-00000000-0003-0001-0000-000002300908

Des Weiteren gibt sich die AfD offen sozialdarwinistisch. Und wenn wir zu ähnlichen Parteien gucken in Nachbarländern, so kann man ohne große Recherche erkennen, dass die Rechte von Arbeitnehmer*innen (12-Stunden-Woche in Österreich), Wohnungslosen (Ungarn), Frauen und von Menschen mit Behinderungen immer auf dem Spiel stehen, wenn Rechte mehr Macht erlangen. Und da reden wir noch nicht von offen gewalttätigen Nazis, die auch direkt eine Gefahr für Leib und Leben darstellen.

Es ist sinnfrei oder sogar kontraproduktiv, mit Rechten zu diskutieren, ihnen überhaupt eine Plattform zu bieten. Es ist hingegen dringend nötig, sich, wo immer es geht, deutlich gegen jede Form von rechtem Gedankengut zu stellen. Ich appelliere daher an Menschen mit Behinderungen, an Menschen mit Diskriminierungserfahrungen, an Menschen, die irgendwie meinen, sie könnten sich noch raushalten: Bezieht Stellung! Duckt euch nicht feige weg. Seid solidarisch mit Betroffenen von Rassismus, Sexismus, Antisemitismus und allen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. In der U-Bahn, am Stammtisch, beim Sport, bei Facebook. Überall.