Informationsreise Schulausschuss 17.4.

Der Ausschuss für Schule und Weiterbildung macht in diesem Kalenderjahr drei Informationsreisen in NRW. Heute also die erste dieser Fahrten, bei der jeweils mehrere Schulen besucht werden. Schwerpunkt wird natürlich aufgrund der anstehenden politischen und gesellschaftlichen Aufgabe der Besuch von praktischen Beispielen zur Umsetzung von Inklusion sein.

Erste Schule: LVR-Förderschule Anna-Freud-Schule (AFS) Köln

http://www.anna-freud-schule.de/

(Spannend, weil es kaum Schulen gibt im Förderbereich, die auch Sek. II anbieten, also die Möglichkeit, Abitur zu erwerben.)

Nach der Begrüßung bekommen wir zunächst einige Informationen vom Schulleitungsteam.

Kerndaten: 300 Schülerinnen und Schüler. Vielfältige Möglichkeiten zur Therapie z.B. Logopädie, Ergotherapie, Schulpsychologie, Pflegepersonal etc.
Viele LehrerInnen mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung.

Oberstufe 2/3 körperbehinderte Schüler und Schülerinnen. Großer Anteil Asperger. Aber auch Kinder und Jugendliche mit Angststörungen etc. 1/3 nicht-behinderte Schüler*innen aus der im Gebäude angesiedelten Realschule. Erwerb zusätzlicher Sozialkompetenz in der Folge erkennbar.

Ganztagsschule.

(Betongebäude. Man könnte Schulen schon hübscher bauen….)

Idee: Schüler und Schülerinnen selbstständig machen, auch mit schwersten Behinderungen, für ein Leben nach der Schule
Befähigen zur „Teilgabe“: ihre persönlichen Kompetenzen aktiv in die Gesellschaft einbringen.

Grundlage: Diagnose von Stärken/Schwächen und gezielte Förderung

60-70 Prozent der Schüler*innen werden abgelehnt (aus Kapazitätsgründen). Die wichtigsten/“schlimmsten“ Fälle werden angenommen. Mittlerer Schulabschluss muss prognostiziert sein und die Schüler*innen, die angenommen werden, hätten diese Chance an einer Regelschule nicht.

Großer Anteil Vernetzung mit außerschulischen Partnern, auch zur Berufsvorbereitung

Inklusion ist das eigentlich nicht in dieser Schule, denn Schüler und Schülerinnen werden ausgewählt. Die Schule ist nicht offen für alle. Prozessorientierter Inklusionsbegriff.
Ansicht, dass Elternwille gestärkt werden soll. In dieser Schule haben die behinderten Schüler*Innen die Mehrheit. Ansicht, dass ein Anteil der behinderten Schüler*innen in der Rolle des „Besonderen“, der Minderheit in allgemeinbildenden, inklusiven Schulen nicht zurecht käme.

Ein vorgestellter Arbeitsschwerpunkt: Nachteilsausgleich. Grundsatz der Chancengleichheit soll Rechnung getragen werden. Individuelle Benachteiligung soll berücksichtigt werden. Zu Beginn berät Klassenkonferenz und beschließt für alle Schüler*innen individuellen Nachteilsausgleich.
Das kann sein: die Darstellung von Aufgaben (Sehbehinderung zum Beispiel mit größerer Darstellung oder andere Papierfarbe), zu verwendende Hilfsmittel (Schreib-/ Lesehilfsmittel, Hilfe durch unterstützendes Personal etc.), Zeitzugaben, Strukturierungshilfen.

Zentralabitur. Zielgleicher Unterricht, deshalb Teilnahme an zentralen Prüfungen.

Es folgten zwei Kleingruppenphasen. Einmal kurzer Rundgang zur Logopädie und zu einer Unterrichtsgruppe (leider wirklich sehr knapp) und ein sehr angenehmes Gespräch mit Schüler*innen aus unterschiedlichen Klassen/Jahrgangsstufen mit und ohne Behinderung.
Die Schüler*innen vertraten dabei unterschiedliche Meinungen bezüglich Inklusion. Während einige Schülerinnen der Oberstufe ohne Behinderung, die von der benachbarten Realschule gewechselt waren, eher die Auffassung vertraten, dass es wie hier praktiziert (also überwiegender Teil behinderte Schüler*innen) besser sei als die Variante mit vielen „normalen“ und wenigen behinderten Schüler*Innen, vertrat die jüngere Schülerin aus der neunten Klasse die Meinung, dass sie einen gemeinsamen Unterricht mit der Realschule bevorzugen würde, weil sie dort sehr viele Freund*innen habe.

Es wird an der Schule der Begriff der „realistischen“ Inklusion verwendet. Es sollte ein plurales Angebot geben. Förderschulen sollten nicht alle geschlossen werden. Im Sinne des UN-Begriffes ist das möglicherweise problematisch.

Da ein Teil der Schüler*innen von weiter weg kommt, ist ein Internat in der Nähe.

Persönliche Zwischenbemerkung: Besonders im Gespräch mit Schüler*innen merke ich, wie mir Schule fehlt….

Zweite Schule: Integrierte Gesamtschule Bonn-Beuel (IGS)

http://www.gebonn.de/

Baulich ganz anders. Große, helle Räume mit vielen Fenstern. Mensa mit Sitzbereich draußen (fein in der Sonne), großzügiges, freundliches Treppenhaus.

Kurze Phase mit Unterrichtsbereich. Freiarbeit in einer 6. Klasse mit einem Lehrer und einer Lehrerin im Team plus zwei Begleiter für jeweils eine Schülerin und einen Schüler.

Danach Powerpointpräsentation durch die Schulleitung. Ein wenig zur Gründung der Schule, zur Arbeit an der Schule sowie den aus deren Sicht wichtigen Bedingungen für inklusiven Unterricht.

Kerndaten: 7 Prozent Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, 21 Prozent Schüler*innen mit Migrationshintergrund, zu Beginn drei Leistungsgruppen.

Demokratische Schule, lange Tradition paritätischer Gremien (Schüler*innen, Eltern, Lehrer*Innen), Feedbackkultur.

Gemeinsamen Unterricht seit 1985, Schüler*innen allerdings ausgesucht durch die Schule. Damals aber auch schon Unterricht im Team.
Seit 2010/2011 echtes Losverfahren (bis zur Kapazitätsgrenze, auch für verschiedene Förderschwerpunkte begrenzt).

26 Schüler*innen in einer Klasse zusammen (davon 6 Förderschüler*Innen mit möglichst verschiedenen Förderschwerpunkten), Doppelbesetzung (vor allem bei neuen Klassen, jüngeren Schüler*innen). Derzeit wird aber die Finanzierung der Doppelbesetzung schwerer, deshalb ist eine Ausweitung des gemeinsamen Unterrichts unsicher.
(Es gibt lt. Aussage des didaktischen Leiters keine zusätzlichen Kapazitäten zum Beispiel für Schulleiter*innen zur Planung etc.)

Schulen wurden unter anderen Voraussetzungen gebaut. Es fehlen also Räume für Gruppenarbeit, sanitäre Anlagen etc.

Es fehle in der Lehrer*innenausbildung an Kompetenz bei Fachleiter*innen, so dass eventuell Referendar*innen bei Prüfungen m GU Nachteile haben könnten. (Außerdem fehle jungen Lehrer*innen an Zusatzausbildung.

Es brauche:

Zuverlässige Rechtsgrundlagen, professionelle Organisation, ausreichend Lehrerarbeitszeit

Danach noch Gesprächsrunden mit Schulleitung, Schüler*innen und Eltern zum Klären von Fragen und zum Austausch. Hierbei wird deutlich, dass die Befürchtung besteht, dass im Schulrechtsänderungsgesetz die unterschiedlichen Bedingungen von Schulen nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Es zeigen sich Widersprüche zu den Aussagen in der ersten Schule. (Hier werden gerade nicht Schüler*innen mit demselben Förderschwerpunkt in einer Klasse beschult. Zudem sind die behinderten Schüler*innen in der Minderheit. Sowohl Schulleitung, als auch Schüler*innen sprechen sich klar für ein gemeinsames Lernen aus, zum Beispiel, weil hier die Sondersituation einer Förderschule wegfällt und Grenzen im Umgang schneller gelernt werden. Der Unterricht wird teilweise zieldifferent, teilweise zielgleich durchgeführt. Die Schüler*innen werden aber weitgehend im Klassenverband mitbeschult. Auch die von den Schüler*innen der Anne-Freud-Schule befürchtete Mobbingsituation in der Pubertät wird als nicht überdurchschnittlich problematisch eingestuft. )

Hilfreich wäre ein Pool von Schulbegleiter*innen. (Da muss vor allem geregelt werden, welche Zuständigkeiten sich daraus ergeben (Jugendamt etc.)

Bisher laufe der große Teil der inklusiven Schulangebote an Gesamtschulen.

Fazit:

Wir haben heute in zwei völlig unterschiedlichen Schulen sehr engagierte Schüler- und Lehrer*innen erlebt. Derzeit ist gelingende Inklusion aber sehr abhängig vom Engagement einzelner Schulleiter*innen, Lehrer*innenteams, Elterninitiativen etc.

Ich für mich möchte die Utopie eines wirklich inklusiven Schulsystems, in dem alle zusammen lernen können, noch nicht aufgeben, weil es Menschenrecht ist, aber auch, weil ich es für alle Beteiligten als bereichernd ansehe. Das Problem, was ich dabei sehe, ist in erster Linie die Finanzierung (zum Beispiel für Ausbildung, Fortbildungen, Teamteaching etc.)

Auf der anderen Seite sehe ich gerade im Schulsystem viele Bedenkenträger*innen, die einer großen (in meinen Augen dringend notwendigen) Reform hin zum echten individuellen Lernen im Weg stehen.

Insgesamt ein wirklich schöner, inspirierender Tag <3

PiratInnenkon – vorläufiges Fazit

Ich war am Wochenende bei der @PiratInnenkon
http://wiki.piratenpartei.de/PiratinnenKon

Hierbei handelte es sich um die erste (und hoffentlich nicht letzte) Veranstaltung mit sowohl interessantem (und für Piratenveranstaltungen neuem) Konzept und dem zudem kontrovers und emotional diskutiertem Genderthema.

Zunächst einen ganz großen Dank an alle Orgamenschen und auch an alle TeilnehmerInnen. Es war super vorbereitet und ich fand (bis auf wenige Ausreißer) die Atmosphäre sehr angenehm.

Die Veranstaltung wurde eröffnet durch die Keynote von @vonhorst (die vermutlich einigen TeilnehmerInnen schon zu feministisch war). Ich persönlich fand die Keynote angemessen (im Grunde sogar recht brav, aber um nicht zu polarisieren, passend).

Danach wurden in dem sogenannten Worldcafé in mehreren Runden an vielen Tischen die folgenden Fragen diskutiert:
http://wiki.piratenpartei.de/PiratinnenKon/Fragen_im_World_Cafe

Der Vorteil solcher Techniken ist, dass sehr viele Menschen sich gleichzeitig in den Prozess einbringen können. Viele Diskussionen laufen parallel (in dem Fall 8 Runden mit jeweils 15 Minuten), werden erweitert und letztendlich zusammengefasst. Ein Beispiel für die Frage, die ich als Host an einem Tisch betreut habe:

https://birgit-rydlewski.de/2013/04/06/piratinnenkon/

Das Format war also abweichend von Veranstaltungen mit Vorträgen, welche ich auch sinnvoll finde, aber nicht unbedingt, um Diskussionen zu gestalten, eher als Input bei komplexen Sachverhalten.

Die Art der Prozessgestaltung minimiert zudem dominantes Redeverhalten. Es kommen schlicht mehr Menschen zu Wort und können ihre Sicht einbringen.

Die Zusammenfassungen können in vier Minuten natürlich nur einen Bruchteil der Ergebnisse oder andiskutierten Aspekte vermitteln. Ich sehe die gesamte Konferenz als Aufbruch, um jetzt weiterzumachen.

In einer weiteren Phase erfolgte das „storytelling“ in Gruppen mit drei Personen. Ich hatte das Glück, die Geschichten zweier sehr spannender Menschen hören zu dürfen und in diesem Schutzraum ein wenig von meine Geschichte erzählen zu können.
Hierbei war die grundlegende Frage, wie wir zu dem Genderthema und auch wie wir zu den Piraten gekommen sind. Die Kleingruppen waren sinnvoll und auch der geschützte Raum. Das Thema ist für viele Menschen sehr emotional. Teilweise ging es auch um eigene Erfahrungen mit Missbrauch, Übergriffigkeiten, Sexismus etc. Es hat mich sehr berührt. (Und ehrlich gestanden finde ich es absolut unangebracht, wenn Menschen sich über diese Phase der Arbeit in abwertender Weise äußern (Selbsthilfegruppe) wie teilweise auf Twitter geschehen. Allerdings hätten die ProzessbegleiterInnen deutlicher machen können, dass die Teilnahme (wie überall) freiwillig ist und eventuell auch überfordernd sein könnte.)

Den Teil mit der Fishbowl fand ich nicht so überzeugend. Vielleicht war ich einfach auch müde zu der Zeit.

Am zweiten Tag wurde dann versucht, konkrete Ergebnisse abzuleiten. Hierzu gab es (mit Vorarbeit in Kleingruppen) wiederum ein Worldcafé, dieses Mal mit etwas anderen Zeitvorgaben und daher nur noch vier Runden. Hierbei wurde weitergedacht, was in die konkrete, zukünftige Arbeit einfließen kann und wie wir dies konkret angehen wollen.

Unter dem oben stehenden Link zum Wiki findet ihr unten eine Zusammenfassung von @_noujoum

Über meine Sicht auf „postgender“ muss ich vermutlich mal gesondert schreiben….

PiratInnenkon

Ergebnisse Worldcafé

Kurze Erläuterung: Bei der PiratInnenkon wurde im ersten Schritt des Prozesses in der Methode des Worldcafés gearbeitet. Dabei wurde in acht Runden zu diversen Fragen (unter anderem der unten stehenden Frage, für die ich als Host eingesetzt war) diskutiert. Nach 15 Minuten haben die TeilnehmerInnen zum nächsten Tisch und damit zur nächsten Frage gewechselt. Die Thematik wurde dabei zunehmend erweitert und differenzierter diskutiert. Die Vorstellung der Ergebnisse der einzelnen Fragen/Diskussionsrunden erfolgt im Stream durch die Hosts.

Frage: Wie hat sich die Frauenbewegung auf dein sexuelles Erleben ausgewirkt?

20130406-141134.jpg

(Ich versende die Datei auch gerne auf Anfrage per Mail.)

Postgender und die PiratInnenkon

Am 6. und 7. April findet in Berlin die PiratInnenkonferenz statt:

http://wiki.piratenpartei.de/PiratinnenKon

Darüber ist an vielen Stellen diskutiert worden. Unter anderem entstand von einigen PiratInnen dieser Text:

https://wiki.piratenpartei.de/Menschenwerdenmenscheln

Nun wissen wir ja, dass Diskussionen via Twitter etc. im Allgemeinen zu nicht viel Klärung führen. Je mehr die Beleidigungen werden, desto unwahrscheinlicher wird die Klärung.

Probieren wir es anders. Spontan habe ich die Idee, dass wir uns mit Interessierten vor der Piratinnenkonferenz treffen, um zu diskutieren, so dass ich/wir diese Ergebnisse mit zu der Konferenz nehmen können.

Angebot: Wir treffen uns am Mittwoch, den 03. April im Wahlkreisbüro in Dortmund. Abends ist vermutlich besser, also biete ich 18.00 Uhr an.

Ich weiß, das ist kurzfristig. Ich hoffe trotzdem, dass wir zu einem konstruktiven Gespräch kommen.

Hier das Pad: http://piratenpad.de/p/Gespräch_PiratInnenkon

Der Antrag mit der Frauenquote

Mal wieder ein Dilemma:

Die Piratenpartei, erst recht in NRW, ist nicht für eine Frauenquote. (Bei der Frage an die KandidatInnen in Berlin auf der Aufstellungsversammlung konnte ich noch schlechter gucken als aktuell, meine aber, dass eine große Mehrheit die Karten für eine Frauenquote in Führungspositionen gehoben hat.)

Nun haben wir am Freitag folgenden Antrag im Plenum:

http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMD16/2277

Hierbei geht es um die Forderung an die Bundesregierung, die EU-Vorgaben bezüglich einer Frauenquote in börsennotierten Unternehmen umzusetzen.
Frauen sind, obwohl oftmals sehr gut ausgebildet, gerade in einflussreichen, börsennotierten Unternehmen in Deutschland stark unterrepräsentiert. Man spricht von der sogenannten „gläsernen Decke“.

Leider sehe ich in der Piratenpartei auch bisher keine anderen Vorschläge, diesen Missstand zu beheben. Ich habe die Quote auch mal für unnötig gehalten, da aber aus einer durchweg privilegierten Position argumentiert, die ich selber auch erst einmal erkenne musste.

Ich glaube heute nicht mehr, dass wir die Gesellschaft einfach so durch Einsicht verändern können. Ich befürchte, dass gerade in Gremien mit Führungspersonen weiße, ältere Männer sich gegenseitig bestätigen und damit eine patriarchale Struktur fortführen. Dies wird kaum ohne Zwang und durch reine Freiwilligkeit aufzubrechen sein. Wer gibt in so einer Position gerne freiwillig Macht ab?

Ich mache mir also mal wieder Feinde, denn ich gehe davon aus, dass ich für diesen Antrag stimmen werde.

(Ob ich dazu reden werde, ist noch unklar. Ich müsste komplett frei reden, weil ich noch nicht schnell genug lesen kann mit der Netzhauterkrankung. Zudem würde ich vermutlich die Position der Partei hier kaum vertreten können. Ich kann und will nicht gegen eine Quote reden.)

Über Barrierefreiheit im Landtag NRW

Oder: Warum gibt es eigentlich so wenig PolitikerInnen mit Einschränkungen?

Meine Sehbehinderung ist hoffentlich nur temporär, aber trotzdem ist das ein sinnvoller Moment, um die Barrierefreiheit im Landtag NRW zu testen. Viele Einschränkungen bemerkt man erst, wenn man selbst auf einmal damit konfrontiert ist. Darüber denkt man sonst gar nicht nach, oder?

Bei der Gelegenheit kam bei mir folgende Frage auf: Gibt es eigentlich in Deutschland oder in Europa blinde Menschen oder Menschen mit Sehbehinderungen in der Politik?
Mir fällt keine/r ein. Warum ist das denn so? Mir scheint, gerade in der Politik könnten wir aufgrund
der recht guten Voraussetzungen Inklusion aktiv leben.

In der Schule wäre es zumindest schwierig, aktuell zu arbeiten Klausuren könnte ich in nicht-digitaler Form nicht bearbeiten. Würde es nicht auch selbstverständlich zu Inklusion gehören, dass auch LehrerInnen mit unterschiedlichen Einschränkungen im Schulsystem willkommen sind? Mir scheint, da haben wir noch ein weiten Weg vor uns gesellschaftlich.
Normal wäre ich also krankgeschrieben, bis es besser wird (was hoffentlich bald der Fall ist.)

Wie klappt das derzeit im Landtag?

Eigentlich ganz gut. Raumorientierung klappt, weil ich mich mittlerweile ganz gut auskenne. Mein Büro finde ich also 😉 und die meisten Räume, die ich gewöhnlich aufsuche, auch. Toll ist: Im Normalfall sind alle Dokumente digital verfügbar. Die kann ich also sehr groß am iPad lesen (diese Hilfe bei Windows mit der Bildschirmlupe reicht gerade nicht aus. Vielleicht weiß ich aber auch nicht, wie man da die Einstellungen verändert.) Dokumente kann man am iPad auch markieren und vorlesen lassen. Das ist auch hilfreich. Allerdings bin ich normalerweise ein sehr visueller Mensch. Lernen und merken via Audio-Input fällt mir schwerer. Es geht aber insgesamt einigermaßen. Einfacher ist es vermutlich sowieso für Menschen, die dauerhaft mit Sehbehinderungen leben, weil mir an vielen Stellen derzeit Routine fehlt. Ich fühle mich unsicher auf dem Flur, weil ich eventuell Menschen nicht erkenne und vielleicht zwei Mal am Tag grüße. Unsicher bin Ischia Ausschuss. Ich kann mir nicht vorstellen, so im Plenum zu reden, weil ich dann komplett frei reden müsste. Und auch, weil so sämtliche Rückmeldung aus dem Plenum mit Augenkontakt oder so wegfällt. Dies wiederum könnte aber auch eine Hilfe sein 😉 Sollte also irgendwann nicht wieder alles gut werden, ist das sicher eine Frage der Gewöhnung.
Unsicher bin ich auch bei der Orientierung in einer fremden Umgebung zum Beispiel. An fremden Bahnhöfen. Wenn ich Menschen um Hilfe bitten muss. Beim Einkauf.
Beim Bäcker. Vermutlich morgen bei der Podiumsdiskussion. Ständig muss ich mich erklären.

Aber vermutlich ist das alles kein Grund, etwas nicht zu versuchen.

Audiounterstützung im Aufzug gibt es zumindest nicht bei dem Aufzug, den ich gewöhnlich benutze. Die Tasten haben auch keine Blindenschrift, meine ich. (Zumindest habe ich keine gefunden.) ich schätze aber, dass dies bei den Hauptaufzügen im von Besuchern mehr frequentierten Bereich der Fall ist.

Ansonsten ist es generell so, dass alle MitarbeiterInnen immer sehr freundlich und hilfsbereit sind. Das ist also sicher kein Problem.

Anders als in der Schule haben wir hier zudem Referenten/Referentinnen und persönliche MitarbeiterInnen, die Aufgaben übernehmen, fachlich beraten und anderweitig unterstützen (Briefe und Mails schreiben, Termine zu-und absagen und einfach bei allen anfallenden Tätigkeiten helfen können). Auch das macht die Arbeit mit Beeinträchtigung sehr viel leichter.

Ich würde mich freuen, wenn ich Menschen Mut machen könnte.
Menschen mit Handicaps können im allgemeinen im Alltag viel besser damit umgehen als ich.

Also lasst euch nicht erzählen, was geht und was nicht. Was ihr werden dürft und was nicht.

Ich wünsche mir Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen in Schulen, in unterschiedlichsten Berufen und selbstverständlich auch in der Politik!

(Wir bieten auch immer gerne Praktikumsstellen an!)